Teures Stückwerk

22Mai
2020

Die FBB hat sich am Dienstag, 19. Mai, mit einem Antrag an die Stadtverwaltung gewandt. Darin bittet sie um Aufklärung über die Baumaßnahmen in der Lichtentaler Straße, Nähe Leo.

Wolfgang Niedermeyer und Prof. Dr. Heinrich Liesen, Stadträte der FBB, sind beide Mitglieder des Bau- und Umlegungsausschusses. In einem Brief an den 1. Bürgermeister Alexander Uhlig kritisieren sie einen kostspieligen Aktionismus, der die Innenstadt obendrein wie einen Flickerlteppich aussehen lässt.

Die Forderung: eine einheitliche Gestaltung für die Innenstadt

Der FBB schwebt etwas anderes vor: ein „Shared-Space-Konzept“. Dieser englische Begriff bezeichnet eine Stadtplanung, bei der alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind, Menschen im „gemeinsam genutzten Raum“ sich begegnen, verweilen können, flanieren – und Autos nicht mehr dominieren. Ein solcher Bereich verzichtet auf hohe Bordsteine und ist damit barrierefrei. Einen entsprechenden Antrag hat die FBB am 5. Februar 2020 bei der Stadt gestellt, FOKUS Baden-Baden berichtete.

Helle, freundliche, zusammenhängende Flächen

Laut FBB solle bei der Neugestaltung der Straßen und Plätze der Innenstadt ein zusammenhängender, verkehrsberuhigter Verkehrsraum, ein „Shared-Space-Bereich“, geplant werden, mit einer hellen und farblich einheitlichen Gestaltung der Plätze und Straßenböden. Beginnen solle dieser Bereich von dem Goetheplatz/Fieser-Brücke, weitergehen über den Augustaplatz und den Ludwig-Wilhelm-Platz bis hin zum Bertholdplatz. Das Konzept stößt auch bei der Stadtverwaltung auf Interesse – jedoch werden aktuell Maßnahmen ergriffen, die es unterbinden.

Ohne Not werden Oberflächen neu verlegt – in Gruselgrau

„Am Donnerstag, 14. Mai, wurde im Bauausschuss über unseren Antrag ,Shared Space’ und der damit verbundenen Gestaltungsinitiative sehr konstruktiv debattiert“, heißt es in dem Schreiben der beiden Stadträte. Dann die Kritik: „Die vorgeplante Antwort der Verwaltung erleben wir heute am Beispiel Lichtentaler Straße zwischen Leopoldplatz und Rettigstraße. Ohne erkennbare Not werden die Oberflächen der Straße herausgefräst und neu verlegt.

Es wird Geld versenkt

Ein im letzten Jahr, im Zuge der Leo-Sanierung frisch hergestellter, in Anthrazit-Asphalt abgesetzter Abschnitt, der an den jetzt durch die Polleraktion aufgegrabenen ,eingefärbten’ Asphaltbelag anschließt, wurde komplett entfernt und erneuert. Im Bauausschuss wurde gerade von Ihnen vorgetragen, dass auf die unterschiedlichen historischen Bezüge differenziert eingegangen werden muss. Ist damit das jetzt erweiterte grau/schwarze Ambiente gemeint?“ Das überstürzte Handeln an dieser Stelle stehe einem Gesamtgestaltungskonzept à la Shared Space fundamental entgegen, mahnen die beiden Stadträte.

Unverantwortliches Geldausgeben in Krisenzeiten

Ihre Kritik geht noch weiter: „In Anbetracht der erwartbaren und angekündigten Neuverschuldung gehen wir davon aus, dass jede neue Investitionsmaßnahme jetzt unter Berücksichtigung der Haushaltssituation überdacht werden muss. Das Vernichten von gerade mal erstellten, längst nicht abgeschriebenen Vermögenswerten, wie dem vor kurzer Zeit neu hergestellten Straßenstück, ist nicht nur kontraproduktiv, sondern unverantwortlich in Anbetracht der aktuellen finanziellen Lage. Von der fatalen Außenwirkung auf die Bürgerschaft ganz abgesehen. Die FBB-Fraktion bittet kurzfristig um Aufklärung bezüglich des Zustandekommens dieser Aktion.“

Weitere Infos zu Shared Space

Der Grundgedanke des Shared Space sieht vor, den öffentlichen Raum für den Menschen aufzuwerten. Der Wohlfühl-Aspekt und der Mensch stehen hier klar im Vordergrund. Das Planungsmodell Shared Space wurde federführend von dem Niederländer Hans Monderman in den 1990-er Jahren entwickelt. Im KommunalWiki der Heinrich-Böll-Stiftung kann man nachlesen: „Von 2004 bis 2008 wurde Shared Space testweise im Rahmen des Infrastrukturförderprogramms INTERREG North Sea Region Programme der Europäischen Union in sieben Gemeinden in Belgien, Dänemark, Deutschland, England und den Niederlanden verwirklicht. Der Begriff ,Shared Space’ geht auf den britischen Verkehrsplaner Ben Hamilton-Baillie zurück.“

Foto: Ben Becher