Neubau Stadtarchiv: Keine Planung durch die GSE gefordert

24März
2023

Mathias Welle, 1. Vorsitzender des Vereins Stadtbild, adressierte sich mit einem Schreiben an den Oberbürgermeister Dietmar Späth. Er fordert die Durchführung eines planerischen Wettbewerbs- und Ausschreibungsverfahrens für den Neubau des Stadtarchivs. Und spricht sich gegen eine Direktvergabe an die städtische Tochtergesellschaft GSE oder irgendein anderes Planungsbüro aus. Hier kommen seine Argumente.

„Wie der Presse zu entnehmen ist, soll die Auftragsvergabe für den Neubau des Stadtarchivs an die GSE vergeben werden. Die Tatsache dieser Direktvergabe – ohne jegliches Wettbewerbsverfahren, gleichgültig, ob an die GSE oder ein anderes Planungsbüro – ruft im Verein Stadtbild sehr große Unruhe und ausgeprägtes Unverständnis hervor“, schreibt der ehemalige Stadtbaumeister der Stadt Schwetzingen, der seit Jahren in Baden-Baden lebt und Mitglied der FBB ist.

Wettbewerbe als Königsweg

„Architektur- und städtebauliche Wettbewerbe gelten als Königsweg. Sie werden veranstaltet, wenn für eine anstehende Bauaufgabe der beste Entwurf hinsichtlich Kreativität, Funktion, Ökonomie, Ästhetik, Städtebau, Architektur und Baukultur sowie vieler weiterer zum Teil divergierender Anforderungen gefunden werden soll. Ähnliche Grundaussagen, etwas weitreichender formuliert, sind überall auf entsprechenden Internet-Plattformen zu finden.

Der Anspruch an künftige Bauten muss hoch sein

Unsere Frage: Wie kann denn eine ,beste Lösung‘ gefunden werden, wenn es nur einen Autoren gibt? Die Stadt Baden-Baden steht seit jeher für ein hohes Maß an Baukultur, u. a. deshalb hat die Stadt Weltruf – bis heute und wurde mit dem Welterbe-Titel ausgezeichnet. Warum soll mit dieser Tradition immer mehr gebrochen werden?

Betonkultur statt Baukultur

In den letzten Jahren entstand an etlichen Stellen in unserer schönen Stadt immer mehr ,Betonkultur‘ statt Baukultur – mit Duldung der Stadtverwaltung. Der Verein Stadtbild sieht in einer Direktvergabe zum Bau des neuen Stadtarchivs eine hohes Gefahrenpotenzial: Nicht die beste Lösung wird gewählt, weil andere Vorschläge gänzlich fehlen. Das darf bei diesem wichtigen Bauvorhaben nicht sein.

Kreative Planung gefordert

Was juristisch rechtens sein mag, ist architektonisch noch lange nicht gut und richtig. Nicht die Juristerei sollte das Stadtbild bestimmen, sondern kreative Planer. Die Probleme rund um das alte Stadtarchiv sind seit vielen Jahren hinreichend bekannt. Mit Worten wie ,Gnade uns Gott, wenn da (im alten Archiv) jetzt etwas passiert!‘, wird Zeitdruck aufgebaut und dafür plädiert, den Bauauftrag schnellstens direkt zu vergeben. Das ist Panikmache und deckt nur auf, wie wenig systematisch solche Dinge jahrelang angegangen wurden.

Der Neubau – erstes prägendes Gebäude in der Amtszeit des OB

Bitte, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, bedenken Sie, dass der Neubau des Stadtarchivs das erste deutlich wahrnehmbare und sicherlich stadtbildprägende Gebäude Ihrer Amtszeit sein wird. Das innere und äußere Erscheinungsbild zur zukünftigen Unterbringung der Historie unserer weltberühmten Stadt erfordert überdurchschnittliche städtebauliche und architektonische Qualität.

Baukultur entsteht nicht zufällig

Dies ist nur durch ein Wettbewerbsverfahren hinreichend zu gewährleisten. Baukultur entsteht nicht zufällig! Zur Entstehung benötigt sie eine bewusste Steuerung durch die Verantwortlichen. Das Museum Frieder Burda steht in Baden-Baden als Synonym gelungener moderner Baukultur. Ein Zufall war das jedoch nicht! Erste, eher durchschnittliche, direkt vergebene Entwürfe wurden von den Bürgern damals abgelehnt. Das führte anschließend zur Gründung des Vereins Stadtbild; der damit verbundene Protest gegen eine Verunstaltung der Lichtentaler Allee sorgte dafür, dass es einen neuen Entwurf (jetzt von dem weltberühmten Architekturbüro Richard Meyer, New York) gab, dessen Realisierung bis heute eine zu Baden-Baden perfekt passende Strahlkraft in die Welt sendet.

Ein Richtungswechsel ist vonnöten

Sie als Oberbürgermeister stehen letztendlich für diese Qualität – das sehen auch die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt so. Hier sollte gelten: Agieren statt immer nur zu reagieren! Ändern Sie diese Vorgehensweise im Sinne der baukulturellen Tradition dieser lebenswerten Stadt. Unsere Kinder werden es Ihnen danken.

Plädoyer für einen Wettbewerb

Der Verein Stadtbild fordert Sie daher dringend auf, ein Wettbewerbsverfahren bezüglich ,Neubau Stadtarchiv‘ durchzuführen. Das dient der Stadt, das dient der Baukultur, der alle in unserer Stadt ein Stück weit verpflichtet sind – insbesondere aber der kommunalen Verwaltung, die als Träger der Planungshoheit die volle Verantwortung für die zukünftige bauliche Entwicklung Baden Badens innehat.

Zum Wohle der Stadt handeln

Selbstverständlich steht es der GSE frei, an einem solchen Wettbewerb teilzunehmen. ,Gnade uns Gott‘ könnte man auch sagen, wenn solch selbstverschuldetes, zeitgetriebenes und ungesteuertes planerisches Handeln zukünftig weiter Schule macht – das ist nicht zum Wohle unserer Stadt.“

Der Standpunkt der FBB deckt sich mit Welles Anliegen

Wolfgang Niedermeyer, Stadtrat der FBB, wies im Bauausschuss darauf hin, dass in Sachen Stadtarchiv der Grundsatzbeschluss von September 2018 die klare inhaltliche Festlegung und Absicht enthielt, dass „die Architektenleistungen über ein europaweites Suchverfahren ausgeschrieben und vergeben werden müssen.“ Daraus wurde nichts. Niedermeyer weiter: „Mit dem Ratsbeschluss von 2018…war den Grundsätzen des Wettbewerbs und der Bestenauslese ohne Wenn und Aber entsprochen. Das war gut und richtig. Die FBB plädiert nun für ein Verfahren, das sicherstellt, dass im von uns durchzuführenden Auswahlverfahren, geeignete und für Archivplanung erfahrene Planungsbüros im Wettbewerb um die beste Ausformung der Bauaufgabe im Plangebiet und denkmalgeschützten Umfeld Cité stehen.“

Foto: FBB-Archiv