Marktplatz: Ein schlafendes Kleinod mit viel Potenzial

09April
2021

n der Stadt befasst man sich gerade dank einer „Historischen Stadtraumanalyse Marktplatz“ mit einem Ort, der mehr Beachtung verdient. Es wird auch höchste Zeit, findet Cornelia Mangelsdorf.

Es ist gut zwanzig Jahre, ich war neu in Baden-Baden: Der Weihnachtsmarkt fand damals oben auf dem Marktplatz statt. Einen besseren Platz hätte man nicht finden können. Die Kulisse am Fuße des Neues Schlosses fasziniert mich, auch ohne Lichterglanz, noch immer, besticht der Marktplatz doch einerseits durch Eleganz und gleichzeitig ist er heimelig wie ein Vogelnest. Es herrscht eine ganz besondere Atmosphäre dort oben. Deshalb führe ich alle Freunde, die von Berlin oder München uns besuchen kommen, dorthin. Denn hier spürt man das echte, historische Baden-Baden.

Früher herrschte reges Leben

Und bis vor kurzem hatte ich Hoffnung, dass der Platz sich wieder belebt. Begeistert war ich von dem kleinen Einrichtungsladen, der dort oben eröffnete. Mittlerweile ist er leider wieder verschwunden. Es bleibt zu hoffen, dass der ansässige Friseur und der Goldschmied nicht weggehen. Früher muss es dort oben mal eine Bäckerei gegeben haben, mit Laufkundschaft und quirligem Leben. Doch das ist lange vorbei. Wenn man jetzt über den Marktplatz promeniert, deprimiert es. Der Platz ist fast leblos, und das war schon vor Corona so.

Ein wunderbarer Platz zum Innehalten und Genießen

Größter Anziehungspunkt bleibt die Stiftskirche mit ihren Gottesdiensten und Konzerten, zu normalen Zeiten. Oder das Alte Dampfbad, das immer wieder mit sehenswerten Ausstellungen lockt. Ein Lichtblick ist auch das Café & Restaurant M 10, das sich vor ein paar Jahren hier angesiedelt hat. Wenn es wieder aufmacht, freue ich mich auf leckeren Kuchen auf der Terrasse, mit einem Blick, der verzaubert.

Die Highlights fehlen

Noch in den 1950-er Jahren fand der Markt hier oben statt. Der Marktplatz war einst Mittelpunkt des städtischen Lebens. Äußerst beliebt war auch das Marktplatzfest, das 2020 abgesagt werden musste. Auch die Freilichtaufführungen des Theaters Baden-Baden hier oben sind ein Highlight. Hoffen wir darauf, dass sie wieder an diesen schönen Ort zurückkehren.

Es muss sich was tun

Die „Historische Stadtraumanalyse“ der Stadt hat dem Marktplatz nun eine beschränkte Anziehungskraft für Bürger und Touristen attestiert sowie eine „schwindende Gewerbe- und Handelsfunktion“. Wen wundert’s! Die Analyse wurde gerade dem Bauausschuss vorgestellt. Der Erste Bürgermeister Alexander Uhlig will nun an einem runden Tisch über die Belebung des Marktplatzes diskutieren, was zu begrüßen ist. Zu lange ruht der schöne Platz schon im Dornröschenschlaf und setzt Staub an.

Kostenlose E-Minibusse zum Marktplatz: Das wär’s

Amüsant sind natürlich die Stimmen der Zweifler, die meinen, der Marktplatz sei schwer zu erreichen. Schade, dass es immer Kritiker gibt, die alles kleinreden wollen. Klar, auch Menschen mit Gehbehinderungen müssen Zugang zum Marktplatz erhalten. Aber deshalb einen Lift bemühen? Sicher nicht. Es täten auch kleine E-Busse, die durch die Stadt zirkulieren. Wenn man schon über neue Konzepte brütet, sollte auch die Idee einer kostenfreien Beförderung im Stadtzentrum ins Auge gefasst werden. Auch damit ließen sich Plätze wie der Marktplatz wieder beleben. Der hat es nun wirklich verdient.

Fotos: pixabay.com+Ben Becher