Hohe Mietpreise: eine Gefahr für den Einzelhandel

25Februar
2022

Die Pandemie hat den Einzelhandel in unserer Stadt zum Teil in große Schwierigkeiten gebracht. Darum fordern nun einige Ladenbetreiber Mietnachlass von ihren Vermietern – mit mäßigem Erfolg.

Rechtlich betrachtet würde man wohl nicht einmal von Mietminderung sprechen, kämen Vermieter ihren Mietern preislich entgegen: Da die Betreiber der Geschäfte, die das Gesicht unserer Kurstadt prägen, durch die Pandemie stark geschädigt wurden – also gewissermaßen höhere Gewalt gilt – wäre ein solches Entgegenkommen eher als Schadensersatz zu betrachten.

Juristischer Beistand für Ladenbetreibende

Ein Baden-Badener Ladenbetreiber ist mit der Bitte um Mieterlass auf seinen Vermieter zugegangen. Diese wurde abgelehnt. Er tat sich also mit ebenfalls geschädigten Kolleginnen und Kollegen zusammen, sowie einem Anwalt, der die Gruppe berät. Ziel: eine für alle verträgliche Lösung zu finden. Die Hoffnung ist, dass es ihnen weitere Geschädigte gleichtun werden. Und damit Erfolg haben.

Bundesgerichtshof macht Forderung möglich

Die Möglichkeit, einen solchen Mieterlass zu fordern, haben Einzelhändler erst seit wenigen Wochen: Mitte Januar entschied der BGH zugunsten von der Pandemie geschädigten Einzelhändlern: Diese haben nun, sofern sie nachweislich finanziellen Schaden davongetragen haben, die Möglichkeit, eine solche Forderung nach Mieterlass zu stellen.

Verschiedene Haltungen von Vermietenden

Nicht alle Vermieter lehnen eine solche Kompensation ab: Die Gesellschaft für Stadterneuerung und Stadtentwickung war bereits 2020 bereit, die Ladenmieten für all ihre 15 Mieter pauschal zu stunden. Dies zeigt eine Fairness, die von einem geradezu legendären Baden-Badener Geschäftsinhaber begrüßt wird: Franz Bernhard Wagener, Besitzer des Mode Wagener und der Wagener Galerie, plädiert dafür, den Baden-Badener Einzelhandel zu schützen und begrüßt den Beschluss des BGH. Anders verhält sich die Bäder- und Kurverwaltung, die ihren ebenfalls 15 Mietern bisher keine Mietnachlässe gewährte.

Der Einzelhandel kann sich keine Luxusmieten leisten

Luxusboutiquen zu Luxusmieten? 85 Quadratmeter Ladenfläche für 4.000 Euro kalt – das ist in Baden-Baden keine Seltenheit. Diese Preise werden nicht selten für die Filetstücke aufgerufen. Doch 47 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete sind kein Pappenstiel. Man hört auch von Ladenvermietern, die eben mal ihre Mieten verdoppeln – und die Mieter somit vor die Wahl stellen: entweder bezahlen oder den Vertrag kündigen. Die Fluktuation steigt, die Anzahl der Filialisten auch. Wie lange sich der Einzelhandel unserer Stadt mit diesen Verhältnissen arrangieren kann, ist die Frage. Im Augenblick stehen von 300 Ladengeschäften in Baden-Baden knapp 50 Läden leer. Dass sich eine Kurstadt mit Welterbe-Status nicht leisten kann, den Einzelhandel und die Vielfalt an individuellen Läden zu verlieren, liegt auf der Hand. Ein belebtes Stadtbild, mehr kauflaunige Besucher ist das, was der Einzelhandel braucht. Das sieht auch Bernhard Wagener so: „Die Stadt lebt von ihren Gästen. Wenn es keine Geschäfte mehr gibt, bleiben diese aus.“