Die kalten Betten der Kurstadt

19Januar
2021

Dass Hotels aktuell keine Gäste haben, ist schon schlimm genug. Doch dass prächtige Villen ungenutzt bleiben und Häuser nicht mal fertiggebaut werden, mutet unheimlich an. Baden-Baden – gleicht mancherorts einer Geisterstadt. Cornelia Mangelsdorf machte einen Rundgang.

Neulich beim Spaziergang in der Leisbergstraße: Die Villa Stroh mit ihrem imposanten Turm – sie ist frisch renoviert. Zu gern würde ich mich einmal darin umsehen. Jedoch scheint kein Mensch darin zu leben. Die Villa steht leer – zumindest ist sie nicht dauerhaft bewohnt. Allein in der neu errichteten Garage gegenüber ist Platz für sieben Limousinen. Doch im dazugehörigen Prachtbau sind die Vorhänge zugezogen, kein Licht ist angeknipst. Aufs Schönste aufgehübscht, findet in der Burg Cäcilienberg oberhalb von Lichtental kein Leben statt.

Prächtiges Schloss Seelach – wann wird es dauerhaft bewohnt?

Auch das Schloss Seelach glänzt – doch von drinnen dringt kein Zeichen von Leben nach außen. Ein Diplomat des russischen Zaren, Graf Michail Irenewitsch, soll die Villa 1862 errichtet haben. Als Baden-Baden Sommerhauptstadt Europas war, kamen viele berühmte Gäste, darunter der deutsche Kaiser Wilhelm I. und Zar Alexander II. dorthin, um ausgelassene Feste zu feiern. Hotelier Camille Brenner brachte das Anwesen mit dem 74.000 Quadratmeter großen Park 1907 in seinen Besitz und machte es eine Zeitlang zur luxuriösen Dependance des späteren Brenners Parkhotels. Doch nach den glamourösen Zeiten ging es bergab, das Schloss zerfiel, bis sich vor einigen Jahren ein Käufer fand, der das Schloss aufwendig restaurierte. Das Anwesen soll sich in russischem Besitz befinden. Doch auch hier grüßt kein gastliches Licht, keine Abendbeleuchtung ist hinter den riesigen Scheiben zu sehen.

Villen, in denen keiner wohnt

Ob man nun durch die Gunzenbachstraße schlendert, die Naunynstraße, Voglergasse oder Herchenbachstraße: Überall finden sich Villen, die fertiggebaut, aber nicht bezogen wurden, nicht ganz fertiggestellt wurden, aber seit Jahren unberührt stehen bleiben oder die aufwendig renoviert wurden, jedoch meist fest verschlossen ihr Dasein fristen. Es mutet seltsam an, dass prächtige Bauten nicht genutzt werden, während viele Menschen in der Kurstadt nach Wohnungen suchen und keine finden.

Dauerbaustelle an der Seelachstraße

Noch trauriger ist der nie beendete Bau einer Immobilie direkt an der Seelachstraße. Hier ist seit Jahren Stillstand – doch die Anwohner müssen sich täglich durch die Engstelle samt Ampel quälen. Martin Ernst, Stadtrat der FBB, hat beim 1. Bürgermeister, Alexander Uhlig bereits 2019 schriftlich angefragt, um Bewegung in ein Thema zu bringen, das die Anwohner Lichtentals nun schon seit Jahren belastet. Und obendrein Fußgänger gefährdet.

Die FBB hakte mehrfach nach

Damals soll Alexander Uhlig sich mit dem Bauherrn, einem in Baden-Baden verwurzelten Mann und dessen Rechtsanwalt zu einem Gespräch zusammengesetzt haben. Dabei sei festgelegt worden, dass man die Angelegenheit zu einem guten Ende führen wolle. Geschehen ist bis heute allerdings wenig: Nur der Bauschutt ist weg. Fraglich bleibt, wie lange die Seelachstraße noch halbseitig gesperrt bleibt – und wann mit Ergebnissen von Besprechungen mit möglichen neuen Bauherren gerechnet werden kann. Die FBB hat in dieser Angelegenheit mehrfach nachgehakt und in unzähligen Bauausschusssitzung nachgefragt. Doch die Stadt scheint sich nicht um eine Beschleunigung in dieser Sache zu bemühen.

Der Europ – immer noch Stillstand

Ein weiterer Schandfleck, der die Bürgerinnen und Bürger Baden-Badens immer mehr zu stören scheint: die Baustelle vom Europäischen Hof. Das Luxushotel im Herzen der Stadt sollte in diesem Jahr wieder öffnen, das war der Plan. Doch seit September 2019 ruhen die Arbeiten. Dem Investor ging das Geld aus. Gegenüber der Trinkhalle verschandelt die über rund 100 Meter abgehängte Fassade die Innenstadt. Ob im Umbau schon Mäuse und Ratten wohnen? Bislang ist kein Fortkommen in Sicht. Die Frage ist: Wie lange noch wird die Geduld der Bürger auf die Probe gestellt? Und, wenn dann wieder Touristen die Stadt bevölkern werden – was werden sie sagen, wenn sie an unvollendeten Baustellen vorbeiflanieren? Der Stadt – fehlt es an Ideen, wie man in diese Sache endlich Bewegung bringen kann. Fragt sich, warum andere und ärmere Städte da schneller sind. Baden-Baden – manchmal kommt es einer Geisterstadt gleich!

Fotos: Ben Becher