DER LEO-BAUSKANDAL

11Mai
2017

Interview Martin Ernst, Stadtrat der Freien Bürger für Baden-Baden, FBB

Wie es weiter geht mit der Leo-Baustelle scheint offen: demnächst wird der Gemeinderat noch einmal entscheiden müssen, nachdem der Bauausschuss mit knapper Mehrheit eine Oberfläche aus farbigem Asphalt empfohlen hat. Um diese und weitere Fragen zu klären, sprachen wir mit dem Gemeinderat Martin Ernst, der für die Wählergemeinschaft Freie Bürger für Baden-Baden (FBB) in den Gemeinderat gewählt wurde.

Frage: Die Gemeinderäte der Freien Bürger für Baden-Baden, FBB, haben immer gegen diese Art des Leo-Umbaus gestimmt. Sie Herr Ernst haben dann festgestellt, die Entscheidung zwischen Asphalt und Betonpflaster ist wie eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera: beides ist gleich hässlich und nicht angemessen für einen zentralen Platz in Baden-Baden.

Martin Ernst:
In der Tat fordert man von uns Gemeinderäten, dass wir uns bzgl. der Oberfläche des Leopoldsplatzes zwischen dem Belag einer Bundesautobahn und einer Bundesstraße entscheiden sollen. Da stellt sich bei den Stadträten der FBB sofort die Frage: „Sind diese beiden Entscheidungen wirklich alternativlos?“

Beides passt aus unserer Sicht nicht als Belag für den Leo. Mir ist kein Platz bekannt, der als Oberfläche einen Straßenbelag hat. Die eierlegende Wollmilchsau gibt es auch nicht für den Leo.
Die Stadtverwaltung und die Bürger unser Stadt müssen doch zuerst entscheiden: „Soll der Leo eine Flaniermeile oder aber zentraler Verkehrsknoten sein?“
Die Frage beantwortet sich – bei 680 Bussen, die tagtäglich über den Leo fahren – eigentlich von selbst.
Die zentralen Fragen sind doch:

1. Verträgt sich das Prädikat Kurstadt mit 680 Schwerlastbussen, die inmitten der Stadt täglich Unmengen an CO2 ausstoßen?

2. Ist ein Leo als Straßenkreuzung weltkulturerbe-fähig?

Vielleicht sollte man den Reset-Knopf drücken und nochmal beim Punkt 0 anfangen. Beim Leo ist so ziemlich alles falsch gelaufen, was auch nur falsch laufen konnte.

Frage: Pflasterung des Leo ist ja nur eines der Probleme rund um den Leo – die schlimmere Katastrophe und der bösere Skandal ist die verpatzte Ausschreibung (es hätte europaweit ausgeschrieben werden müssen, was nicht geschah) und es fehlte jede Form von Kostenkontrolle, mal abgesehen davon, dass man die Turbokosten von weit über 7 Millionen Euro lange Zeit den Gemeinderäten verschwiegen hat. Jetzt hat die Gemeindeprüfungsanstalt diese Dinge gerügt.

Martin Ernst: 
Die Stadtverwaltung flüchtet sich nun in Ausreden mit Überlastungen bzgl. Asylbewerbern und fehlenden Projektentwicklern.
Bei der Stadt gab es keinen Controller, der die Kosten von ganzen drei Projektbeteiligten, nämlich der Stadt selbst und ihren beiden Töchtern Eigenbetrieb Umwelttechnik und Stadtwerke zusammenführte.
Ich frage mich, was ist denn daran so schwierig ? Jede Auszubildende lernt im 1. Lehrjahr wie sie in einer Excel-Liste 3 Kostenbereiche zusammenführt. Dazu benötigt die freie Wirtschaft weder Controller, noch Projektsteuerer, die jeder für sich 6-stellige Summen pro Jahr kosten.

Frage: Eigentlich müssten jetzt Köpfe rollen, das heißt: die Verantwortlichen im Rathaus müssten benannt werden und danach zur Verantwortung gezogen werden.

Martin Ernst: 
Einen Beamten kann man nicht entlassen – schon gar nicht wegen Kostenüberschreitung. Das Ergebnis wird sein, alle waren und sind weiterhin überfordert und man benötigt 3 weitere Stellen.
Der gesamte Apparat wächst weiter, die Bürger dürfen’s bezahlen – und immer weniger wird entschieden.

Frage: Wie wird es jetzt weiter gehen und wo steht in diesem Kampf die FBB?

Martin Ernst:
Alle Parteien und Wählergruppierungen wollen letztendlich das Beste für die Stadt. Baden-Baden braucht Qualität. Das gilt selbst-verständlich auch für den Leo. Jeder Besucher unserer Stadt läuft hier vorbei.

Der Belag einer Bundesautobahn oder einer Bundesstraße passt hier einfach nicht hin. Deswegen sollte man jetzt schnellstmöglich die Baustelle beenden und scheinbar ist dies mit Asphalt wesentlich schneller und wesentlich günstiger zu machen. Danach muss man sich über eine vollkommene Neuausrichtung mit den Prämissen Weltkulturerbe und Leo als Flaniermeile neu ausrichten.

Foto: Ben Becher