Nein der FBB für weitere 60 Millionen Euro Kassenkredite

03Juni
2025

„Es ist ein planloses, unvollständiges Tohuwabohu“ – FBB Stadtrat Markus Fricke begründet das Nein der FBB für weitere 60 Millionen Euro Kassenkredite.

In schlechter Tradition ist es der Rathausspitze gestern erneut gelungen, den Gemeinderat in einer Hauruck-Aktion zu überrumpeln. Trotz völlig unklarer Zahlen und unvollständiger Unterlagen stimmten die CDU, SPD, Grüne und ein verirrter Freier Wähler zu, dass die Stadtverwaltung kurzfristig weitere 60 Millionen Euro Kredite aufnehmen kann. Zur Erinnerung: erst Ende April waren – gegen die Stimmen der FBB – bereits 20 Millionen Neukredite genehmigt worden. Unseriöser kann man Haushaltspolitik wohl nicht betreiben.

FBB-News veröffentlicht die Stellungnahmen unserer Stadträte im Wortlaut, heute beginnend mit der Erklärung von Markus Fricke:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderates,


es soll im Rahmen eines zweiten Nachtragshaushalts 2025
• ein Kassenkreditrahmen von 60 Mio. € bewilligt werden (Ziff. 1)

und

• die Gewähr der Stadt Baden-Baden erklärt werden, den Verlustausgleich KMB in Höhe von 11,0 Mio € zu finanzieren.


Ausgangslage:
Wir treffen uns zu einer Sondersitzung. Ziel ist es, die Liquidität und Überlebensfähigkeit des KMB zu sichern. Wenn ich die Vorlage lese, dann weiß ich nicht, was alles Gegenstand der Beschlußfassung sein soll. Es ist ein planloses, unvollständiges Tohuwabohu statt einer sauberen Darstellung unter Trennung des einen vom anderen.


Für das Testat 2024 bedarf es einer positiven Fortführungsprognose des Wirtschaftsprüfers. Voraussetzung hierfür ist, daß die Liquidität auch für die Kj. 2025 + 2026 gesichert ist. Im laufenden Haushalt sind für das KMB 11 Mio. € vorgesehen, diese fließen auch. Es ist davon auszugehen, daß für 2026 weitere 11 Mio. € notwendig sein werden.


Heute geht es also darum, vorgezogen für 2026 die 11 Mio € testatfest zuzusagen.


Warum in der Vorlage mal eben schnell von 60 Mio. € die Rede ist, erschließt sich nicht und wird auch nicht dargelegt. Ich erinnere an die 20 Mio € Kassenkredit aus dem gerade erst beschlossenen 1. NachtragsHH.


Da wir keine freien Mittel haben, soll der Verlustausgleich des KMB für 2026 über eine Patronatserklärung, abgesichert eben durch Kassenkredit, gesichert werden.


Was heißt das?
Es bedeutet, daß die Stadt heute bereits die Verpflichtung eingeht, in 2026 nochmals 11 Mio € zu leisten.


Dafür müssen wir uns heute über drei Dinge verständigen:
1) Wir verpflichten uns, in 2026 dem KMB wieder 11 Mio € zuzuschießen

2) Wir ermächtigen den OB, eine entsprechende Verpflichtung hierzu einzugehen, allerdings zeitmäßig und betragsmäßig begrenzt, und

3) Weil wir das Geld nicht haben, müssen wir einen Kassenkredit zu diesem Zweck in Höhe von 11 Mio € bewilligen.


Weitere Kassenkredite für 2025 gehören zum NachtragsHH 2025. Alles weitere gehört in den DHH 2026/2027. Sollen wir in Hauruck-Manier mal eben schnell bis zu 60 Mio € dem Konto der uns Nachfolgenden belasten?! Ohne Angaben dazu, zu welchem Zweck und in welcher jeweiligen Höhe die Kredite aufgenommen werden sollen? Sicher nicht!


Es wäre eine carte blanche bei der Einfahrt in den unbeleuchteten Tunnel ohne Lichtblick an dessen Ende.


Der Situation drohender Zahlungsunfähigkeit des KMB soll begegnet werden, nicht mehr
und nicht weniger.


Zur Patronatserklärung im Hintergrund des Ganzen:

Sie ist für 2026 erforderlich, weil der Wirtschaftsprüfer ohne sie keine Fortführungsprognose sieht. Das Faß ohne Boden ist nun aktenkundig.

Nur eine Patronatserklärung soll die Fortführungsprognose sichern. Ohne fresh money jedes Jahr gibt es keine.


In der Vorlage heißt es dann euphemistisch beschönigend und an der rechtlichen Situation scheußlich vorbei:

Da durch die Patronatserklärung in gewisser Weise eine Verbindlichkeit eingegangen wird, ….


Das ist Unkenntnis oder Augenwischerei oder noch schlimmer.


Während die Bürgschaft streng akzessorisch ist, also mit der abzusichernden Forderung steht und fällt, ist eine Patronatserklärung die Wildcard, für alle Verbindlichkeiten der GmbH aufzukommen.


Die Vorlage befleißigt sich nicht einmal darzulegen, um welche der verschiedenen Arten einer Patronatserklärung es geht, und wem gegenüber sie erklärt werden soll. Das sind eklatante Fehlleistungen, Herr Oberbürgermeister, und ich habe erhebliche Zweifel, ob Sie noch den Überblick oder gar den Durchblick haben.


Wenn von „in gewisser Weise eine Verbindlichkeit“ die Rede ist, dann könnte es sich nur um eine sog. Weiche Patronatserklärung handeln, die nach BGH-Rechtsprechung so gut wie sicher ein Bauchlandung wäre.


Nein, was allein helfen könnte, wäre eine harte Patronatserklärung.


Um 13:30 schrieb ich mir auf:
Wieso um alles in der Welt wird bei einer so weitreichenden Beschlußvorlage kein Entwurf der abzugebenden Patronatserklärung vorgelegt? Ist Unfähigkeit oder Unwissenheit der Grund, oder Bequemlichkeit, oder schlicht die Annahme, ‘das geht schon durch, ist ja das Klinikum‘?


Wir sitzen hier, weil wir die Interessen unserer Bürger zu vertreten haben, nicht die des Klinikums, auch wenn wir es nicht missen möchten.


• Die Vorlage gibt keine Auskunft über betragsmäßige Obergrenzen der Patronatserklärung pro Jahr und in Summe.
• Es ist keine Aussage getroffen, auf welche Dauer sie gelten soll.
• Es ist keine Aussage getroffen, ob, wie und aus welchem Grund wir aus der Patronatserklärung wieder raus kämen
• Baden-Baden ist der kranke Mann an der Oos, wir brauchen für die Stadt selbst erhebliche Beträge, können aber auch den Schulden-Euro nur einmal ausgeben


Um 14:00 Uhr kam der Text der Patronatserklärung. Es besteht kein Grund, meine soeben geäußerten Vorhalte zu ändern.


Denn:
Der Entwurf ist indiskutabel schlecht. Bei der Gestaltung der Patronatserklärung muß Rechtssicherheit gewährleistet werden und mögliche Risiken sind zu minimieren. Gerade wegen ihrer Reichweite. Einige wichtige Aspekte sind:


• Klarheit und Präzision:
Die Erklärung sollte klar und präzise formuliert sein, um Missverständnisse zu vermeiden und die Verpflichtungen des Patrons eindeutig festzulegen.


Hier: „aus Verlustausgleich und Netto-Investitionsbedarf“ Das ist eine carte blanche ohne Möglichkeiten der Einflußnahme


• Umfang der Verpflichtung:
Der Umfang der finanziellen Verpflichtung des Patrons sollte klar definiert sein, um spätere Unstimmigkeiten zu vermeiden.


Hier: Wo sind die 11 Mio € für 2026 geblieben??


• Dauer der Verpflichtung:
Es sollte angegeben werden, für welchen Zeitraum die Patronatserklärung gilt. Hier: Statt ‘für 2026‘ ist die Rede von „bis Ende 2026“. Ab wann ??? Ab heute trotz gezahlter 11 Mio € für 2025?


• Wieso ist keine Kündigungsmöglichkeit nach Zahlung der 11 Mio € vorgesehen??


Es ist erschütternd. Ich komme zurück auf das eingangs gewählt Bild: Die Fahrt in den dunklen Tunnel ohne Licht an dessen Ende auf Basis einer carte blanche zugunsten des KMB und auf Basis einer der Tragweite unwürdigen Vorlage mache ich jedenfalls nicht mit.

Entweder die Beschlußvorlage und die Patronatserklärung werden neu gefaßt oder ich muß mit NEIN stimmen, wie die weiteren Mitglieder unserer Fraktion auch.

 

Markus Fricke

FBB-Stadtrat

Baden-Baden, 02.06.2025

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Fotos: FBB-Archiv