„Für mich ist ein Bürgermeister ein Handwerker“

17März
2020

Einer, der Politik neu erfindet: Seit September 2019 ist Claus Ruhe Madsen Oberbürgermeister der Stadt Rostock. Er regiert eine Großstadt mit über 200.000 Einwohnern. Erfahrung in der Politik hat er nicht, auch kein Parteibuch. Doch er weiß, wie man ein Unternehmen führt – und haushaltet.

Er duzt jeden, mit dem er spricht: Claus Ruhe Madsen, ein bärtiger Mann mit Brille, ist ein offener Typ. Er ist der erste Ausländer, der als Bürgermeister eine deutsche Stadt verwaltet. Zuvor hat er eine kleine Möbelhauskette aufgebaut und war Präsident der IHK in Rostock.

Als Mannschaft arbeiten

Dann wollte der heute 47-Jährige nochmal etwas anderes machen und stellt sich zur Bürgermeisterwahl. Gewonnen hat er haushoch. 2.500 Mitarbeiter hat er nun. Vieles will er anders machen: „Ich mag diese Verwaltungsform nicht, wie wir sie heute haben, von oben nach unten und alle haben zu parieren – sondern dass wir zusammen als Mannschaft an den richtigen Sachen zusammenarbeiten.“

Weniger Hierarchie in der Stadtverwaltung

In Sachen Führungsstil setzt er auf Freiheit und Eigenverantwortung: „In meinen Unternehmen hatte jeder seinen Bereich und jeder konnte dort entscheiden, was das Beste ist. Mein Eindruck ist, dass Menschen besser arbeiten, wenn ich ihnen vertraue und ich mich nicht mehr einmische. In der Stadtverwaltung müssen wir moderner werden. Und modern heißt: weniger Hierarchie“, erklärte Madsen gegenüber ,brandeins’.

Anpacken und umsetzen!

Die Erfahrung als Unternehmer kommt ihm auch in seinem Amt als OB zugute. Madsen: „Ich bin immer noch ein Stück Unternehmer, will was umsetzen, gestalten statt verwalten. Für mich ist ein Bürgermeister ein Handwerker: Es muss angepackt, Themen müssen umgesetzt werden.“

Viele Aufgaben zu bewältigen

Zu tun gibt es genug: Marode Straßen müssen saniert werden, weil die Verwaltung jahrelang nicht investiert hat. Madsen hat erst mal einen Kassensturz gemacht, Projekte auf den Prüfstand stellen lassen, um zu priorisieren. Sein Resümee: „Wir haben viel zu spät damit begonnen, Schulen, Straßen, Geh- und Radwege zu sanieren oder überhaupt zu bauen. Wenn ich mir die Verkehrs- und Infrastruktur in Rostock ansehe, ist die Stadt im Gestern hängengeblieben.“

Große Ziele

Besonders wichtig ist ihm, dass Rostock eine Fahrradstadt wird. Im Sommer 2019 wurde deshalb mit dem Bau eines Radschnellwegenetzes begonnen. Madsen will die Stadt modernisieren, digitalisieren. Wirtschaftlich geht es aufwärts, in den Werften werden Kreuzfahrtschiffe gebaut.

Den Bürgern helfen

Was ihm in seinem Amt hilft, ist ein gesunder Pragmatismus – und Bürgernähe. Madsen: „Politiker haben manchmal die Neigung, sich in großen Themen zu verlieren, und kleine Themen, die Menschen wirklich wichtig sind, zu vergessen. Ich möchte, dass wir in der Verwaltung mehr in Zielgruppen denken: Welche politischen Maßnahmen würden Unternehmern helfen? Was würde Familien helfen? Das ist für mich Bürgernähe.“

Diese Denke kommt an: Die Kommunalpolitiker mögen seine nette, offene Art, junge Leute finden ihn interessant, seine Angestellten loben, dass er auf Transparenz setzt – und anpackt.

Foto: Kristina Becker (Photovisionen)