„Wir werden täglich ein digitales Türchen öffnen“

01Dezember
2020

Kein Vorhang, der sich heben darf, aber viele fertig geprobte Stücke – und was jetzt? Kekke Schmidt ist Intendantin am Theater Baden-Baden. Hier beschreibt sie, wie sie und das Team mit der aktuellen Situation umgehen. Und wie sich der allseits beliebte Adventskalender in diesem Jahr gestalten wird.

Frau Schmidt, in diesen Zeiten stehen Theater vor der großen Herausforderung, Termine verschieben zu müssen. Wie viele Produktionen sind fertig und warten derzeit darauf, aufgeführt werden zu dürfen?

Kekke Schmidt: „Ganz fertig sind zwei: „Stadt Land Oos“, das über Menschen und ihre Geschichten aus Baden-Baden und überhaupt erzählt; und das Familienstück „Bremer Stadtmusikanten“. Nächste Woche wird das berührende Zwei-Personen-Stück „Mutters Courage“ von George Tabori fertig, außerdem laufen Proben zur Revue „Auf der Suche nach dem verlorenen Musical“. „Mephisto“ ist bisher nur zweimal gespielt worden.“

Gibt es auch Stücke mit Verfallsdatum, wie etwa das Weihnachtsmärchen?

Kekke Schmidt: „Die gibt es, aber die „Bremer Stadtmusikanten“ zähle ich nicht dazu. Es ist ein Familienstück, das man sich auch zu einer anderen Zeit als im Dezember vorstellen kann. Ob wir es uns für später in dieser Spielzeit oder für die nächste aufheben, das müssen wir entscheiden, wenn wir klarer sehen.“

Müssen Sie die Stücke, die für 2020 vorgesehen waren, neu adaptieren oder umschreiben lassen, damit sie 2021 noch Gültigkeit haben?

Kekke Schmidt: „Umschreiben müssen wir sie in der Regel nicht – das wäre nur bei ganz tagesaktuellen Themen der Fall. „Adaptieren“ müssen wir sie in dem Sinne neu, dass sie jeweils neu in ein paar Tagen „Anlauf“ zur Aufführungsreife gebracht werden. Alle szenischen, musikalischen und technischen Abläufe müssen ja neu geprobt werden, wenn eine Vorstellung eine Weile nicht gespielt wurde.“

Wie ist denn überhaupt die Stimmung im Ensemble?

Kekke Schmidt: „Ach, eigentlich noch recht gut, ist mein Eindruck. Dass wir noch proben können, ist besser als im Frühjahr, wo gar nichts mehr möglich war. Dennoch: Das Abwarten und die Planungsunsicherheit sind schon für alle Beteiligten zermürbend.“

Und wie geht es den freien Mitwirkenden?

Kekke Schmidt: „Für die ist die Situation auf andere Weise unsicher und manchmal auch existenzbedrohend. Wir versuchen uns nach Möglichkeit loyal zu verhalten, stoßen da aber auch auf Grenzen.“

Das Theater hat ein gutes Hygienekonzept vorgelegt, als gespielt werden durfte. Wie war das Feedback der Besucher?

Kekke Schmidt: „Das Konzept wurde gut angenommen. Die Besucher*innen, die da waren, haben flexibel und auch beruhigt auf die Maßnahmen reagiert und waren dankbar, dass sie ins Theater gehen konnten und sich dabei gut aufgehoben fühlten.“

Welcher Gedanke, trägt Sie aktuell durch diese ungewisse Zeit?

Kekke Schmidt: „Dass nichts selbstverständlich ist und man sich jedem Augenblick neu stellen muss. Das ist auch eine gute Übung in Gelassenheit und Flexibilität.“

Wie können die Bürgerinnen und Bürger der Stadt dem Theater helfen, wenn es hoffentlich bald wieder öffnet?

Kekke Schmidt: „Indem sie sagen, schreiben und zeigen, dass das Theater ihnen fehlt. Indem sie wiederkommen, wenn es wieder aufmacht!“

Wie wird sich der Adventskalender des Theaters in diesem Jahr gestalten?

Kekke Schmidt: „Wir werden täglich ein digitales Türchen via Social Media öffnen.“

Fotos: Jochen Klenk / Theater Baden-Baden