WELTKULTURERBE IST MEHR ALS DENKMALSCHUTZ – WARUM VERSTEHT DAS NIEMAND IN DER VERWALTUNG?
12September
2025
Dritter und letzter Teil unseres Rückblicks auf den 3. FBB-Bürgertreff am 28. August 2025 im „Goldenen Löwen“ in Lichtental.
Baden-Baden hat nur mit seinem kulturellen Erbe eine Zukunft. Wie fahrlässig die Stadt mit dem Schatz der „Sommerhauptstadt Europas“ umgeht, war das dritte große Thema beim FBB-Bürgertreff. FBB-Stadtrat Heinrich Liesen, der seit vielen Jahren zusammen mit FBB-Kollege Wolfgang Niedermeyer dafür kämpft, das kulturelle Erbe der Stadt stärker zu betonen, malte in seinem Bericht zur Lage der Kultur ein düsteres Bild
Die Stadtverwaltung unternimmt nichts, um den großen Schatz des „Weltkulturerbes“ zum Nutzen der Stadt zu heben
Mehr als vier (!) Jahre nach der Ernennung zum UNESCO Weltkulturerbe sei praktisch nichts passiert, so Liesens bittere Feststellung. Trotz vieler vollmundiger Ankündigungen und einer groß inszenierten Werbeveranstaltung im Februar, gebe es bis heute noch immer keine konkreten Pläne für das so wichtige „Informationszentrum Welterbe“ (WIZ). Dabei lag der Ball für die Stadt auf dem Elfmeterpunkt, seit die Grenke-Stiftung der Stadt die Räumlichkeiten des Museums LA8 kostenlos überlassen wollte. Leider aber, so berichtet Liesen, habe die Stadtverwaltung vor wenigen Tagen der Stiftung mitgeteilt, dass man „aus Kostengründen“ frühestens 2028 auf das Angebot zurückkommen werde. Glücklicherweise hat die Grenke-Stiftung daraufhin flexibel reagieren können Sie will nun im Museum LA8 Ausstellungen mit Bezug zum Weltkulturerbe durchführen. Außerdem arbeitet eine Initiative unter Leitung von Dr. Dieter Kistner, dem Geschäftsführer der Grenke-Stiftung daran, private Mittel zu akquirieren, um das „Forum Weltkulturerbe“, wie das WIZ zukünftig heißen soll, schon früher zu eröffnen.
Andere Welterbestädte machen es schlauer als Baden-Baden
Liesens zweiter Kritikpunkt geht in dieselbe Richtung: die Untätigkeit der Verwaltung. Im Bund und in Europa und vermutlich auch bei der UNESCO gibt es vielfältige milliardenschwere Kultur-Fördertöpfe. Welterbestädte wie Darmstadt oder Regensburg hätten längst Förderungen in sieben- bis achtstelliger Höhe beantragt und erhalten. Und auch in vielen der mit Baden-Baden zusammen ausgezeichneten „Great Spa Towns of Europe“ waren die Stadtverwaltungen längst aktiv. Im Baden-Badener Rathaus dagegen ist von einem Förderantrag, geschweige denn von einem Geldeingang nichts bekannt. Das sei angesichts des Finanzdebakels unserer Stadt „ein Armutszeugnis und wirklich nicht zu fassen“ kommentiert es eine Teilnehmerin beim FBB-Bürgertreff.
Es fehlt an der Spitze eine Persönlichkeit, die den Wert des Weltkulturerbes erkennt
Den Mitarbeitern der Verwaltung macht Liesen daraus keinen Vorwurf. Das Gegenteil sei der Fall, sagt Liesen, und bezeichnet einmal mehr Dr. Eva Zimmermann, die seit Anfang des Jahres die Stabsstelle „Welterbe“ leitet als „echten Gewinn für die Stadt“. Er sieht das Problem an anderer Stelle. Was wir brauchen, so Liesen, ist eine anerkannte Persönlichkeit an der Spitze, die die international anerkannte kulturelle Kompetenz Baden-Badens als „Kämpfer und Botschafter“ in Stuttgart, Berlin, Brüssel und dem Rest der Welt vermitteln kann.
Kleiner Hoffnungsschimmer „Kulturausschuss“
Gute Nachrichten hatte FBB-Stadtrat Markus Fricke mitgebracht: in der neuen Hauptsatzung der Stadt, die im Herbst beschlossen werden soll, wird wohl Liesens Forderung nach einem Kulturausschuss teilweise Berücksichtigung finden. Zwar werde es keinen eigenen Kulturausschuss geben, aber es sei schon ein Fortschritt, dass die Kultur und damit auch das Weltkulturerbe zukünftig im neuen „Ausschuss für Kultur, Bildung und Sport“ und nicht mehr wie früher im Bauausschuss angesiedelt sei. Ein kleiner Erfolg für die Kultur und für Liesen, der immer wieder betont: „die UNESCO nennt es aus gutem Grund Weltkulturerbe“.
Bescheiden aber auch ein wenig stolz auf das Erreichte, berichtete Liesen zu guter Letzt noch über sein KI-gestütztes Musikprojekt. Seine Idee: er will die Musik von Johannes Brahms, Clara Schumann, Pauline Viardot, Hector Berlioz, Richard Wagner und Franz Liszt, die alle viel Zeit in Baden-Baden verbrachten, den Besuchern von heute näherbringen. Dabei sollen vor allem junge Besucher KI-gesteuert spielerisch animiert werden, individuelle musikalische Miniaturen zu entwickeln, die dann das „akustische Ansichtskarte“ digital verbreiten werden sollen. „Das Projekt steht und ist durch Spenden durchfinanziert, ohne jede Unterstützung der Stadt.“
Auch so kann es gehen und ist einmal mehr ein gutes Beispiel bürgerschaftlichen Engagements, vielen Dank Prof. Heinrich Liesen.
Ihre FBB-Redaktion
JAN-MICHAEL MEINECKE
2. Vorsitzender
FBB / Ortschaftsrat Ebersteinburg
Hinweis: Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im FBB Newsletter und auf der Website nur die männliche Form verwendet. Diese Form versteht sich explizit als geschlechtsneutral.
Nehmen Sie
Kontakt mit uns auf.
Folgen Sie uns auf Facebook und Instagram.
Verfolgen Sie unsere Events.