Kaufhaus-Chef Franz Bernhard Wagener: Die Vollsperrung der Luisenstraße werden viele Einzelhändler nicht überleben
10Oktober
2025
Seit fünf Monaten ist der Hindenburgplatz eine Großbaustelle. Beim 2. Bauabschnitt droht die Vollsperrung der Luisenstraße und die Öffnung des Leopoldplatzes für den Durchgangsverkehr. Kaufhaus-Chef Franz Bernhard Wagener ist in tiefer Sorge um den Baden-Badener Einzelhandel. FBB-News hat mit ihm gesprochen.
FBB-News: Seit Mai ist das Nadelöhr Hindenburgplatz eine Großbaustelle und die Einfahrt in die Stadt für Autofahrer, den ÖPNV und Radfahrer nur über die Kapuzinerstraße möglich. Wie ist Ihre erste Zwischenbilanz.
Franz-Bernhard Wagener: Die Umsätze in der Baden-Badener Innenstadt sind um 10 – 20% eingebrochen, in den ersten Wochen war es noch grausamer. Aber das ist ja erst der Anfang. In einem Jahr, wenn die Vollsperrung der Luisenstraße kommt, wird das das Aus für viele Geschäfte in der Innenstadt sein.
FBB-News: Warum sind Sie so pessimistisch? Die Zufahrt zur Wagener-Galerie wird doch nach dem aktuellen Planungsstand immer gewährleistet sein.
Franz-Bernhard Wagener: Es geht hier nicht um die Wagener-Galerie. Mit der Vollsperrung setzen wir die Zukunft der gesamten Innenstadt aufs Spiel. Leider vergessen wir Baden-Badener zu leicht, dass viele Geschäfte in der Innenstadt rd. 75% ihrer Umsätze mit auswärtigen Besuchern machen. Und damit meine ich nicht nur die Festspielhausbesucher, die jetzt endlich wieder in unseren schönen Hotels übernachten können. So wie jeder von uns mal „am Samstag nach Straßburg zum Bummeln und Shoppen“ fährt, zieht es auch sehr viele Besucher für Tagesbesuche nach Baden-Baden. Aber wenn sie dann nicht mehr ohne kilometerlange Umwege aus der Stadt rauskommen, die Parkleitsysteme aufgrund der Umleitungen und Sperrungen ohne Wert sind und der Busverkehr stadtauswärts nicht gewährleistet ist, schreckt das die so wichtigen Tagestouristen ganz schnell ab. Und dann fahren sie eben nicht nach Baden-Baden sondern nach Freiburg, Straßburg oder Roppenheim. Diesen Umsatzeinbruch wird unsere Innenstadt nicht unbeschadet überstehen, der Leerstand ist ja jetzt schon beängstigend hoch.
FBB-News: Was ist ihr Rezept?
Franz-Bernhard Wagener: Ich bin seit 40 Jahren Einzelhändler hier in Baden-Baden und habe einige unglücklich verlaufene städtische Bauprojekte hautnah miterlebt. Stichwort: Leopoldsplatz und Fieserbrücke. Als ich von den ersten Überlegungen zur Sanierung des Hindenburgplatzes erfuhr, habe ich den damaligen Baubürgermeister Uhlig gebeten, den Einzelhandel von Anfang an in die Planungen miteinzubeziehen. Leider wurden wir jahrelang vertröstet und hatten keine Möglichkeit, an dem Ende 2024 präsentierten Sanierungsplan mitzuwirken. Der OB hat es uns dann nach meiner Intervention immerhin noch ermöglicht, die Planungen des Tiefbauamts durch einen eigenen Sachverständigen prüfen zu lassen.
FBB-News: Und das Ergebnis?
Franz-Bernhard Wagener: Die bundesweit anerkannte „Ingenieurgruppe Bauen“ hat in unserem Auftrag einen Sanierungsvorschlag erarbeitet, bei dem auf die anderthalbjährige Vollsperrung der Luisenstraße verzichtet werden kann. Unser Vorschlag besteht im Kern darin, die Erneuerung der Luisenbrücke in zwei Bauabschnitte zu teilen und das Nadelöhr damit zu jedem Zeitpunkt für den Verkehr offenzuhalten.
FBB-News: Wie haben der Bürgermeister und das Tiefbauamt reagiert?
Franz-Bernhard Wagener: Leider hat die Stadt unseren Vorschlag abgelehnt. Aber wir lassen nicht locker, der städtische Plan ist aus unserer Sicht nicht "alternativlos". Unser Ingenieurbüro hat mir versichert, dass die Ablehnungsgründe der Stadt überwunden werden können und eine Lösung ohne Vollsperrung der Luisenstraße möglich ist, wenn die Planer im Tiefbauamt einige unserer Vorschläge berücksichtigen. Die überregionale Attraktivität Baden-Badens ist ein „Gemeinschaftsprodukt“ aus Kultur, Geschichte, Hotellerie und Natur - und der Einzelhandel ist der Kit, der alles zusammenhält. Wir dürfen den Einzelhandel nicht weiter belasten, denn es könnte sein, dass eine Wiederbelebung nach der Vollsperrung nicht mehr möglich ist. Große Teile des innerstädtischen Einzelhandels, gerade die vielen inhabergeführten Geschäfte, werden das nicht überleben.
FBB-News: Glauben Sie, dass die Vollsperrung noch abgewendet werden kann?
Franz-Bernhard Wagener: Ja, natürlich tue ich das. Ich bin sehr froh, dass wir auf den letzten Metern vor der Entscheidung noch einmal die Gelegenheit bekommen werden, unsere Pläne zu erläutern. Mein Dank gilt hier dem Antrag von Herrn Bloedt-Werner, dem CDU-Vertreter im Bauausschuss, dem sich zahlreiche Gemeinderäte* angeschlossen haben. Natürlich sind die Planer im Tiefbauamt damit nicht glücklich. Aber hier geht es um die beste Lösung für unsere Stadt und nicht darum, wer Recht hat. Wir dürfen nichts unversucht lassen, um unsere Innenstadt zu retten.
*Anmerkung des Verfassers: u.a. auch FBB-Gemeinderat Rainer Lauerhass
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