„Für den neuen Eigentümer bin ich doch nur eine Nummer“

04August
2020

Zwölf Jahre lang hat er nur für seinen Laden gelebt – jetzt soll er raus, weil ein Münchner Investor Druck macht: Haukar Hama ist verzweifelt. Und auch die Stammgäste wünschen sich, dass sie im Kara Internetcafé/PC-Service/Handyladen weiterhin kopieren, faxen oder ihr Handy aufladen können.

Oft schickt die benachbarte Post betagte Herrschaften zu ihm, wenn diese eine Fotokopie benötigen oder ein Fax senden wollen: Der Laden, den Haukar Hama zusammen mit seiner Frau führt, ist eine Anlaufstelle für viele Baden-Badener. Auch Toto-Lotto-Scheine kann man dort abgeben. Freundlich wird jedem im einzigen Internetcafé der Innenstadt geholfen. Doch nun steht das Geschäft der Familie vor dem Aus.

Der neue Investor hat ihm gekündigt

Haukar Hama berichtet: „Das Mehrfamilienhaus, in dem sich im Erdgeschoss mein Internetcafe, ein Friseursalon sowie eine Schneiderei befinden, wurde vor einigen Monaten verkauft. Der neue Immobilieneigentümer, ein Jurist und Investor aus München, hat uns allen die Mietverträge für gewerbliche Räume zum 1. Juli 2020 gekündigt.“ Dieser neue Besitzer, der Baden-Baden aus Jugendtagen kennt, weil er hier zur Schule ging, kauft Altbauten und saniert sie. „Und danach verkauft er sie wieder mit großem Gewinn“, sagt Hama bitter.

Kein Gespräch, kein Verständnis

„Kurz vor Weihnachten 2019 haben wir die Kündigung bekommen. Das war ein harter Schlag. Mit dem alten Vermieter habe ich mich gut verstanden. Doch der neue Besitzer lässt überhaupt nicht mit sich reden! Ich habe seinen Leuten gesagt: Geben Sie mir eine Chance! Ich habe zwei Kinder, ich muss weitermachen und Geld verdienen. Ich wäre auch einen Monat rausgegangen aus meinem Laden, wenn er renoviert werden soll, und dann wieder eingezogen. Aber das hat die gar nicht interessiert. Ich bin nur eine Nummer für die.“ Dass er Jahre gebraucht hat, um sich seinen Kundenstamm aufzubauen, interessiert keinen. Und dass Ladengeschäfte heute fast nur noch für horrende Mieten in Baden-Baden zu bekommen sind, ist kein Geheimnis. Das macht gerade den Betreibern kleiner Geschäfte zu schaffen. Sie kämpfen an allen Fronten um die nackte Existenz.

Anzeige beim Landgericht

Jetzt hat sich Haukar Hama rechtlichen Beistand geholt. „Der neue Eigentümer hat mich angezeigt beim Landgericht, da ich die Räume nicht zum 1. Juli verlassen habe. Und er hat bereits mit einer Räumungsklage gedroht. Ich habe Widerspruch eingelegt. Bis 13. August habe ich Zeit, mich bei Gericht zu äußern, warum ich noch nicht draußen bin. Ich habe wirklich alles versucht, um bezahlbare neue Räume zu finden, das kann ich beweisen. Aber die meisten Läden kosten um die 3.000 Euro Miete und mehr. Das kann ich nicht bezahlen.“

Immer pünktlich die Miete überwiesen

Die Schneider und die Friseure haben bereits eine neue Bleibe gefunden. „Ich hatte im Frühjahr auch einen Laden in Aussicht. Doch als ich dem Eigentümer der Langen Straße 54 sagte, ich möchte früher raus, hieß es, ich muss die Miete bis zum letzten Tag zahlen. Natürlich war der neue Laden, den ich wollte, schnell weg. Und jetzt stehe ich wieder vor dem Nichts“, sagt der Geschäftsmann traurig. Die Miete haben die Hamas immer pünktlich gezahlt. Sie haben sich eine treue Kundschaft aufgebaut. Und jetzt wird seine Existenz einfach ein Fall, für den sich kein Mensch interessiert: Es gibt keine Unterstützung, keine Hilfe, kein Gespräch. „Mir macht diese Situation sehr zu schaffen“, sagt er. „Jeden Tag mache ich mir Sorgen. Obendrein haben wir schlechten Umsatz momentan. Die Touristen fehlen und auch die Einheimischen geben seit Corona weniger Geld aus.“
Am liebsten wäre er vor das Haus des neuen Eigentümers am Starnberger See gefahren oder vor dessen Schloss. Um ein Plakat aufzuhängen und dafür zu demonstrieren, dass man einfach mal miteinander spricht!

Neu anfangen – das ist die große Hoffnung

„Ich will irgendwo neu anfangen und hier raus, das macht alles keinen Sinn mehr.“ Haukar Hama bleibt nichts anderes übrig, als weiterzusuchen. 40 bis 50 Quadratmeter Ladenfläche zur monatlichen Miete von etwa 1.700 Euro braucht er. Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, etwas wissen: Bitte melden (07221 398400)!

Fotos: Ben Becher