Tempolimit 30: Paris macht ernst

03September
2021

Wer schon einmal durch Frankreichs „Capitale“ mit dem Auto gefahren ist, weiß: Von mäßigem Fahrtempo halten unsere Nachbarn nicht viel. Umso erstaunlicher ist es, was in Paris nun umgesetzt wird: In der Innenstadt gilt ab sofort vorwiegend Tempo 30.

Diese Neuerung wird Radfahrer freuen und Autofahrer ärgern: Den Plan, die Geschwindigkeit für den Autoverkehr zu drosseln, brachte die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo ins Rollen. Gestützt wird diese Maßnahme durch eine Umfrage, nach der fast 60 Prozent der Einwohner mehr oder weniger für Tempo 30 seien.

Immer mehr Fahrradfahrer

Einige Straßen der Innenstadt sind mittlerweile ganz für PKWs gesperrt, Tendenz steigend. Dafür wird gerade auf vielen Achsen ein umfassendes Radfahrer-Wege-Netz ausgebaut. Seit dem Lockdown haben sich mehr Pariser aufs Fahrrad geschwungen als zuvor: Vor der Pandemie waren es fünf Prozent, die ein Stück ihrer Wege mit dem Drahtesel zurücklegten. Jetzt sind es bereits sieben. Die Stadt bietet sich fürs Radeln an: Es gibt kaum Steigungen.

Weniger Unfälle, weniger Lärm

Die Argumente für die Verkehrswende sind schnell benannt: Tempo 30 kann rund ein Viertel der Unfälle reduzieren, es lässt Radfahrern mehr Raum und die Lärmbelästigung reduziert sich drastisch: um rund drei Dezibel. Doch ob Tempo 30 in Sachen CO2 eine gute Lösung ist, ist umstritten.

Ehrgeizige Ziele

Die Ziele für Paris basieren auf einem bereits 2018 formulierten Plan, der die Stadt vom Autoverkehr entlasten soll. Rund 1.000 Kilometer Radwege sollen insgesamt entstehen, außerdem neue Straßenbahnlinien. Weiterhin soll Paris weitere Bäume und Grünflächen erhalten. Die Pariser Verkehrswende begann 2007, als der Fahrradverleih Velib startete. In naher Zukunft sollen das historische Zentrum autofrei, Dieselautos verbannt werden und die Hälfte der 140.000 Parkplätze wegfallen. Doch ob dieser Plan aufgeht?

Kritik an Tempo 30

Autos komplett aus der Metropole zu verbannen, kann nicht wirklich gelingen: 61 Prozent der Pendler, die aus dem Großraum Paris in die Hauptstadt fahren, kritisieren die Maßnahmen der Verwaltung. Denn nicht jeden bringt die Metro ans Ziel. Und die Pläne der Bürgermeisterin, im Zentrum noch mehr Straßen in Fußgängerzonen zu verwandeln, stößt auch bei Kaufleuten und Anwohnern auf Kritik.

Politisches Kalkül?

Mit dem Tempo-30-Plan folgt Paris dem Beispiel anderer Städte Frankreichs: In Lille und Grenoble herrscht dieses Tempolimit bereits. Doch noch eine andere Motivation könnte die ehrgeizige Bürgermeisterin antreiben: Mit dem Tempolimit macht sich die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo bei den Grünen beliebt. Falls sie 2022 zu den Präsidentschaftswahlen antritt, braucht sich deren Beistand.

Paris als Fahrradstadt?

Gegenwind gibt es von der konservativen Oppositionschefin im Pariser Stadtrat, Rachida Dati: „Durch Madame Hidalgos Verkehrspolitik gibt es jetzt sogar Nacht-Staus.“ Und sie echauffiert sich weiter: „Ansonsten will sie 100 Prozent Fahrrad. Das ist Anarchie", so Dati.

Tempo 50 auf den Champs-Elysées

Auf dem Straßenring um Paris darf freilich noch Gas gegeben werden und auch auf den großen Achsen: Ausnahmen gelten laut ADAC für Ring- und Ausfallstraßen. Hier sind weiterhin 70 km/h erlaubt. Auch einige größere Verkehrsachsen, wie beispielsweise die Champs-Elysées, sind ausgenommen. Dort gilt weiterhin Tempo 50.

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