Rücksicht nehmen – 30 fahren!

21Februar
2020

Einen schweren Unfall hat die 44-jährige Mutter eines Schulkindes Anfang Februar beim Zusammenstoß mit einem Auto erlitten – als Fußgängerin und ausgerechnet an einem Zebrastreifen. Nun soll in der Beuerner Straße eine Ampelanlage her. Wo bleibt das Gewissen der Autofahrer? Ein Kommentar von Cornelia Mangelsdorf.

Frau mit Kind möchte morgens über die Straße gehen – und quert den Zebrastreifen. Ein Auto kommt angeprescht, fährt die Mutter an, verletzt sie so schlimm, dass sie per Helikopter in eine Spezialklinik geflogen werden muss. Das Kind kommt, zum Glück, nicht unters Auto, aber zur Untersuchung ins Krankenhaus.

An exakt derselben Stelle gibt es bereits im Dezember einen schlimmen Crash: Dabei wird ein 30-jähriger Mann angefahren, auch wieder beim Überqueren der Straße.

Die Eltern der Schulkinder haben Angst – nachvollziehbar

Dass die Eltern aus Lichtental und Oberbeuern nun eine Ampel am Zebrastreifen forderten, verwundert nicht. Die Stadtverwaltung war bereits vor Ort und hat die Lage geprüft, zusammen mit Polizei und Elternbeiratsvertretern der Klosterschule. Das Fachgebiet Tiefbau wurde nun mit der Planung einer Ampelanlage beauftragt. Kostenpunkt: 30.000 bis 40.000 Euro.

Auf die Schwachen Rücksicht nehmen

Richtig, dachte ich im ersten Moment. Die Raser müssen gestoppt werden. Denn: Ist die Straße frei – und das ist sie meistens – verlockt sie zum Schnellfahren. Andererseits: Solche Kosten wären vermeidbar, wenn alle Verkehrsteilnehmer –gerade die stärkeren, also Bus- und Autofahrer – auf die Schwachen mehr Rücksicht nehmen würden. Dann würde Fußgängern und auch Radfahrern weniger passieren.

Und ich frage mich: Warum ist es so schwer, sich an Verkehrsgebote zu halten? Warum nicht einfach pünktlich aus dem Haus gehen, damit das Rasen erst gar nicht notwendig wird? Wer langsam fährt, hat bekanntermaßen einen kürzeren Bremsweg. Und kann im Ernstfall schneller reagieren. Einen Menschen im Straßenverkehr zu übersehen und ihn zu verletzten – für mich ein Alptraum.

Freiwillig Tempo 30!

Kinder, ältere Menschen, umtriebige Eichhörnchen: Alle kann ich besser vor mir und meiner Blechkiste schützen, wenn ich langsamer fahre. Auch wenn ich nicht immer Lust auf moderates Fahren habe – meinem Gewissen tut es richtig gut!

Vorbild Helsinki

Dass Tempo 30 Sinn macht, zeigte sich in der finnischen Hauptstadt Helsinki: Hier kam 2019 kein einziger Fußgänger oder Fahrradfahrer ums Leben. Das konnte erreicht werden, weil die Höchstgeschwindigkeit seit den 1970-er Jahren konstant gesenkt wurde. Und das geht so: In den meisten Wohngebieten und in der Innenstadt gilt Tempo 30. Auf Hauptverkehrsadern sind es 40 km/h, in Vororten 50 Sachen. Zum Vergleich: Düsseldorf ist ähnlich groß wie Helsinki: Dort gab es 2018 acht Verkehrstote.

Eine Studie von 2020 belegt, dass zwischen 2010 und 2018 mehr als 70.000 Radfahrer und Fußgänger in Europa im Straßenverkehr starben. Fast immer seien sie bei Unfällen gestorben, an denen ein Motorfahrzeug beteiligt war.

Probier’s mal mit Gemütlichkeit

So weit darf es nicht kommen. Zeit, umzudenken. Alle Welt redet von Entschleunigung. Wann machen wir sie endlich wahr? Es liegt nur an uns! Zumindest so lang, bis die automatische Geschwindigkeitsbegrenzung erfunden wird. Es wäre doch cool, wenn Autos per Signal automatisch bis zur Höchstgeschwindigkeit gedrosselt würden, sobald ein entsprechendes Gebotsschild am Straßenrand auftaucht. Zukunftsmusik? Noch! 

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