Trügerische Heile-Welt-Politik in der Stadtverwaltung – die Staatsanwaltschaft ermittelt

07Januar
2019

In einem Video-Interview auf goodnews4 hat Martin Ernst, Fraktionschef der FBB, gerade Stellung genommen zum Ausscheiden von Oliver Weiss, CDU, aus dem Gemeinderat. Die Firma Weiss soll in einen handfesten Bau- und Korruptionsskandal verwickelt sein.

Oliver Weiss, CDU, hat überraschend sein Mandat als Gemeinderat niedergelegt. Diese Neuigkeit wurde zwischen den Jahren bekannt. In einem Schreiben an Oberbürgermeisterin Margret Mergen, CDU, habe er seine Entscheidung über die Weihnachtsfeiertage mitgeteilt.

Er hat das Handtuch geworfen

Grund des plötzlichen Austritts sei die Tatsache, dass Oliver Weiss die Stadt Baden-Baden verlassen werde, weil er nach Rastatt umziehe. Deshalb könne er sein Mandat im Gemeinderat nicht mehr ausüben. Diese Entscheidung lässt viele Fragen offen und gibt Spekulationen Nährboden: Oliver Weiss, verantwortlicher Mitarbeiter der Baufirma Weiss, lieferte keine Erklärung, warum er der Öffentlichkeit diese Entscheidung so kurzfristig mitteilte. Martin Ernst wurde hierzu von goodnews4 befragt. Hier können Sie seine Antworten aus dem Video-Interview lesen.

Die CDU-Fraktion hat heute mitgeteilt, dass Stadtrat Oliver Weiss zum Jahreswechsel sein Mandat als Gemeinderat niederlegt. Ist es denn jetzt nicht dringend geboten, dass der Gemeinderat in einer Sondersitzung die Konsequenzen aus dem Leo-Skandal diskutiert und aufarbeitet?

Martin Ernst: „Die CDU stellt die Oberbürgermeisterin, die CDU ist gleichzeitig stärkste Fraktion im Gemeinderat der Stadt Baden-Baden. Mich hat es die ganze Zeit gewundert, wie sowohl die Stadtverwaltung als auch die CDU Oliver Weiss als Stadtrat weiter wirken lassen, obwohl er als Prokurist der Baufirma Weiss mitverantwortlich ist für einen Schaden in Millionenhöhe, der bei den Bauvergaben des Leos zu Lasten der Stadt Baden-Baden entstanden ist. Durch den Wegzug aus Baden-Baden kann er nicht mehr als Stadtrat tätig sein. Ein cleverer Schachzug, um rechtzeitig vor der Wahl weiterhin den Bürgern die Heile-Welt-Politik zu vermitteln.“

Was erlaubt denn die Gemeindeordnung, damit dieses Thema in einer öffentlichen Sitzung behandelt wird? Können Sie das auslösen?

Martin Ernst: „25 Prozent der Stadträte, bei 40 Stadträten also zehn, müssen fordern, dass dieses Thema öffentlich diskutiert wird. Ob andere Fraktionen an einer öffentlichen Diskussion Interesse haben, muss sich zeigen. Die bisherige Erfahrung ist allerdings, dass dies nicht so ist. Ich erinnere nur an 15 Meineide von Kollegen im Stadtrat, als es darum ging, dem Kollegen Heinz Gehri bei einer Falschaussage zur Seite zu springen.“

Die Oberbürgermeisterin und andere Kommunalpolitiker ziehen sich auf die Position zurück, dass die Unschuldsvermutung gelte. Mitarbeiter der Stadtverwaltung, Mitarbeiter verschiedener Baufirmen stehen wegen Korruption und illegaler Preisabsprachen unter Verdacht, was unsere Stadt möglicherweise Millionen kostete. Belastungsaussagen gibt es bereits, darüber hat goodnews4 schon vor einem Jahr berichtet. Ist das nicht Grund genug, an der Zuverlässigkeit des Bauunternehmens Weiss zu zweifeln? Denn das ist ja das Gebot der Vergabeordnung: Zuverlässigkeit? Da ist es doch eigentlich nicht notwendig, auf ein Gerichtsverfahren zu warten.

Martin Ernst: „Nachdem die CDU neben den Freien Wählern keine Antwort in der Sache Spenden der Baufirma Weiss gegeben hat, kann man durchaus auch die Vermutung äußern, dass man kein Interesse daran hat, den Ast abzusägen, auf dem man sitzt. Selbstverständlich ist die Zuverlässigkeit eines Unternehmens bei der Auswahl und Vergabe ein sehr entscheidendes Kriterium. Warum die Stadtverwaltung dies anders sieht, müssen Sie bei der Oberbürgermeisterin nachfragen. Ich habe bereits vorhin gesagt, dass die CDU die Oberbürgermeisterin stellt und gleichzeitig stärkste Fraktion ist. In wenigen Monaten sind Wahlen. Dazu wären schlechte Nachrichten im Vorfeld schädlich. Der Bürger könnte dies mit seinem Kreuzchen bei der Wahl quittieren.“

Ist die FBB da zu defensiv im Sinne der Bürger von Baden-Baden?

Martin Ernst: „Ich denke, dass wir die einzige wirkliche Opposition sind. Man braucht leider eine Mehrheit von 25 Prozent, also zehn Stadträte der eigenen Fraktion im Gemeinderat, um Tagesordnungspunkte auf die nächste Gemeinderatssitzung zu bringen. Die Bürger können bei der Kommunalwahl Ende Mai 2019 dafür sorgen, dass wir auf das dafür notwendige Mindestmaß anwachsen. Dann werden wir solche Dinge sofort beenden.“