Teuer, teurer, Baden-Baden!

03Dezember
2019

Jaja, das good-good life. Ein wohlklingender Slogan für unsere Stadt – Baden-Baden umgibt sich ja gern mit dem Nimbus, eine kleine Weltstadt zu sein. Entsprechende Preise werden zumindest schon aufgerufen. Stört die eigentlich niemand? Bambi- und Kongress-Touristen wahrscheinlich nicht. Dafür aber viele Baden-Badener Bürger. Ein Kommentar von Cornelia Mangelsdorf.

Alle Jahre wieder liegt er im Briefkasten: der Umweltkalender der Stadt. Genauer gesagt, vom Eigenbetrieb Umwelttechnik. Gerade war es wieder soweit. Bevor ich ihn aufhängte, schaute ich hinten nach, wie viele Gratis-Coupons für Biomülltüten es dieses Mal gibt. Sie sind für mich ein Gradmesser, wie es um die Finanzen der Stadt steht. Als ich neu in Baden-Baden war, gab es pro Haushalt noch Gutscheine für 200 Tüten. Mittlerweile ist die Stadt sparsamer geworden: Nicht erst seit diesem Jahr gibt es nur noch 125 Tüten frei. Eine Kleinigkeit, werden Sie jetzt denken, da haben Sie recht. Schließlich bekommt man ja etwas geschenkt. Aber es ist ein Hinweis dafür, dass am Bürger gespart wird. Eine Teuerung macht sich breit. Kleines Beispiel, wo wir schon bei den Tüten sind? Die großen Grünschnitt-Tüten gab es mal für 50 Cent – jetzt kosten sie einen Euro. Ach ja, fürs Parken muss man auch mehr berappen: jetzt fast überall zwei Euro pro Stunde, mitunter mehr, sehr zum Leidwesen derer, die nun mal Auto fahren müssen oder wollen.

Ach du dicke Nebenkostenabrechnung!

Ist das Kleinkram? Ich finde nicht. Vergangenes Jahr schlugen auch noch die Wassergebühren auf: über 20 Prozent. Die meisten von uns haben es bei der Nebenkostenabrechnung zu spüren bekommen. Ab kommendem Jahr wird nun auch noch das Abwasser teurer: Dann berappen wir statt wie bisher 2,79 Euro stolze 2,98 Euro pro Kubikmeter. Dass die Niederschlagsabwasser-Gebühr dafür abgesenkt wird, von 71 auf 66 Cent pro Kubikmeter, ist ein schwacher Trost.

Ich kann sie schon förmlich riechen, die nächste Erhöhung der Wassergebühren. Die Schädigung unserer Böden durch Chemikalien ist beachtlich. Diese aus dem Wasser zu filtern, wird künftig sicherlich noch mehr Geld kosten. Und dabei wird es wahrscheinlich nicht bleiben.

Immer mehr Baden-Badener kommen nicht mehr über die Runden

Ein Blick auf die harten Fakten: Kürzlich konnte man lesen, dass die Zahl der dauerhaft Verschuldeten in Baden-Baden steigt. Unter den Menschen, die 2018 dort Hilfe suchten, waren viele Steuerzahler: Der Anteil der Erwerbstätigen darunter belief sich auf 21 Prozent. Hauptgrund war bei den Betroffenen eine Verschlechterung der Einkommenssituation, etwa, weil eine Kündigung drohte, ein Arbeitsvertrag nicht verlängert wurde oder eine Trennung vom Partner oder der Ruhestand bevorstand. Zwölf Prozent der Hilfesuchenden 2018 waren übrigens Rentner. All das zeichnet ein Bild unserer Stadt, das alles andere als rosig ist: Wir haben viele Menschen hier, die Probleme haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Hoffentlich werden sie nicht ganz vergessen, bei all dem Glamour, den Bambis, Rennwochen und prominente Neu-Baden-Badener so versprühen – sondern mitgenommen vom schönen Baden-Baden. Auch die, die wenig auf dem Konto haben, sollten etwas abbekommen vom Zauber des good-good-life. Sonst wird Baden-Baden irgendwann wirklich weltberühmt – für seine Zweiklassengesellschaft.