Neuer Leo-Kiosk so teuer wie ein Einfamilienhaus

13Juli
2017

Wenn Baden-Baden plant, dann aus dem Vollen, dann lässt sich die Verwaltung nicht lumpen:

220.500 Euro für den neuen, winzigen Kiosk auf dem Leo, das ist rekordverdächtig. Das ist mehr, als ein komplettes neues Einfamilienhaus kostet.

Der Entwurf für den Kiosk ist vielleicht noch ganz okay: Nostalgielook mit viel Glas, plus Klo mit Klimaanlage. Luxus ist ein kühles Klo im überhitzten Kiosk sicherlich nicht. Aber warum dieser Kiosk auf dem umgebauten Leo im kommenden Jahr dann gleich 220 500 Euro kosten muss, dass kann ein Normalbürger überhaupt kaum fassen.

Gut: es soll ein schöner Kiosk werden. Das mag sein. Und dass ein kühles Klo eine Menschenfreundlichkeit ist, die Arbeitnehmer erwarten dürfen, ist auch einsehbar. Aber warum die ganze Chose dann genauso viel wie ein mittleres Einfamilienhaus kosten soll, (ein komplettes Haus bekommt man schon für 200.000 Euro!!) das sehen auch die Freien Bürgern für Baden-Baden (FBB) nicht ein. „Das ist das teuerste Gebäude der Welt“, meinte FBB-Stadtrat Ernst am Montag im Bauausschuss. Die Verwaltung fand hingegen, es sei halt kein Kiosk von der Stange, sondern eine individuelle Lösung, die dem „gestalterischen Anspruch an diesem wichtigsten Platz der Stadt gerecht wird“, so Lisa Poetschki, Leiterin der Stabsstelle Stadtentwicklung und Denkmalpflege.

Also das kommt raus, wenn Verwaltungen speziell in Baden-Baden mal richtig vor sich hinplanen: ein winziger Kiosk mit Kühlklo für fast eine Viertelmillion Euros. Dafür kann man auch einen kompletten nagelneuen Reisebus kaufen oder alle Schüler in Baden-Baden ein Jahr lang umsonst in die Schule transportieren. Für so viel Geld (220.500,-Euro!!) könnte man gleich 4 nagelneue Luxusautos der E-Klasse kaufen oder auch ein kleines Flugzeug, wenn man denn diesen unvertretbaren Luxus als Stadt auf sich nehmen würde. Ein winziger Kiosk für eine Viertelmillion Euros in einer Stadt, die sich schwer tut, die Löcher in ihren heruntergekommenen Straßen zu flicken, ist eine richtig wilde Geschichte, die unsere Stadt gut charakterisiert: Baden-Baden, Ihr Niveau. Oder: Angeber der Welt: schaut auf diese Stadt!

Man könnte eigentlich auch sparen. Kiosk als ein kleines Holzhäuschen, gebaut mit eigenem Holz aus eigenem Wald? Für sagen wir mal 15.000 Euro (inklusive Klimaanlage für den Lokus!). Gebaut von heimischen Zimmerleuten. Man könnte Bescheidenheit und Ideenreichtum generieren. Aber nein: wir spielen mal wieder Dicken Max, dem die Kohle aus der zu engen Hose quillt.

Die Kosten für den Kiosk passen zum Leoskandal wie das Betonpflaster zum angeblich „hohen gestalterischen Anspruch an dieser wichtigen Stelle“ (Bürgermeister Uhlig). Das ist so, wie wenn sich eine hübsche Frau ein Abendkleid aus Silberblech schmieden lässt und dann anzieht: das scheppert ziemlich billig vor sich hin, obwohl es sehr teuer werden kann.

Es lässt sich nur vermuten, was der Kiosk auf dem Augustaplatz einmal kosten wird, wenn der erneuert wird – er ist wesentlich größer und enthält mehrere Toiletten, die ja auch vielleicht eine Klimaanlage notwendig haben: – vermutlich eine komplette Million? Wir werden es erleben und wir haben es ja.

Foto: Ben Becher