Die Straßen des Jammers

12Oktober
2021

In unserer Kurstadt gibt es einen harten Kontrast: Auf Augenhöhe können wir wundervolle Fassaden bewundern, edle Boutiquen, hübsche Cafés. Schauen wir jedoch zu unseren Füßen, bietet sich oft ein hässliches Bild. An vielen Orten sind Asphalt, Bodenplatten oder Pflastersteine durchzogen von notdürftig geflickten Löchern.

Eine Visitenkarte für unser Städtchen ist das freilich nicht: Die Straßen der Baden-Badener Innenstadt lassen zu wünschen übrig. Ladenbesitzer in der Sophienstraße haben schon vergangenes Jahr ihr Leid geklagt, dass diese Einkaufsmeile mit ihren Löchern und geflickten Abschnitten nicht gerade repräsentativ für das „good-good-live“ sei – da kann man nur auf die baldige Weihnachtsbeleuchtung hoffen, die den Blick gen Himmel lenkt. Wer gar den kleinen Parkplatz an der Luisenstraße nutzt, sollte am besten mit Gummistiefeln aus dem Wagen steigen: Denn dort steht gern mal das Wasser in Pfützen. Er ist noch nicht einmal geteert. Das feine Schuhwerk – lässt man besser im Schrank. Baden-Baden – einst so elegant.

Lieblos geflickte Straßen

Die Innenstadt ist übersät von Flickwerk. Auf allen vom Leopoldplatz abgehenden Straßen finden sich solche schwarzen Teerpflaster, gleich, welchen Weg man einschlägt. Sei es Richtung Fieserbrücke, Luisenstraße, Augustaplatz oder eben die Sophienstraße hoch. An einem Ort, der von seiner Schönheit und dem damit verbundenen Tourismus lebt, ist so wenig „Bodenpflege“ schon ein Trauerspiel. Gerade der neue Welterbe-Status sollte die Stadtvorderen eigentlich anregen, Bodenbeläge rasch zu erneuern und nicht nur als notwendiges Übel, sondern auch Möglichkeit der Gestaltung wahrzunehmen. Hier sei an das Shared-Space-Konzept erinnert – Straße als Begegnungsraum – das Nachbargemeinden wie Bühl bereits erfolgreich umsetzt. Und, ja: Gäste sollten wenn möglich auch in feinen Schuhen durch die Stadt gehen können – und nicht mit ihren Absätzen an den Asphaltklecksen oder in Schlaglöchern hängen bleiben.

Ein optischer Graus

Die Art und Weise, wie derlei Schäden ausgebessert werden, stört das Auge: Anstatt Pflastersteine ganz auszutauschen oder neue Teile im Bodenbelag sauber einzufügen, wird oft nur mit Asphalt aufgefüllt. Das Ergebnis: ein optischer Graus.

Warum passiert nichts?

Es ist nicht so, als wüsste die Stadt nichts von der Schieflage in Sachen Straßen. Es gibt auch einen Geldtopf für Reparaturen. Doch nicht alle sehnen sich danach, dass wieder gebaggert und geteert wird: Ladeninhaber und Gaststättenbetreiber fürchten, nach Corona-bedingten Schließungen schon wieder Kundschaft zu verlieren, wenn vor ihrer Tür die Straße aufgerissen wird.

Beginn der Arbeiten ab 2022

Die Hoffnung ruht auf dem kommenden Frühjahr: Ab Januar 2022 sollen voraussichtlich die ersten Arbeiten an den maroden Stellen beginnen, und zwar im Bereich Fieserbrücke und Kolonnaden. Danach will man den Bereich bis hinauf zum Leopoldplatz in Angriff nehmen. Für das Jahr 2023 ist die Ausbesserung von Sophienstraße, Lange Straße und Gernsbacher Straße vorgesehen. Bis dahin bleiben die Absatzschuhe besser im Schrank.

Fotos: Ben Becher