Der Kuppel-Krimi: sattes Spendenergebnis in Sicht

17April
2020

Endspurt für die von der FBB initiierten Spendenaktion: In wenigen Tagen werden die Baden-Badener erfahren, wann die Vergoldung der Stourdza-Kapellenkuppel starten wird. Ob dafür genug Geld zusammenkommt, steht für Prof. Dr. Heinrich Liesen, Stadtrat und Initiator, außer Frage. Zumal für die Differenz bis zu den benötigten 85.000 Euro gebürgt wurde.

Hart angegangen wurde Heinrich Liesen von einigen Stadtrat-Kollegen für diese Spenden-Aktion: Doch die Überzeugung der Spender und Unterstützer für diese Sache – auch der Verein Stadtbild ist mit im Boot – ist größer als die Stimme der Zweifler. Denn es geht um die Wiederherstellung der Würde eines religiösen Ortes, dem für Kriegszwecke 1918 das Gold der Kuppel geraubt wurde. Der rumänisch-orthodoxen Stourdza-Kapelle und ihrer einst goldenen Kuppel kommt, laut Liesen, eine besondere Bedeutung im Stadtbild zu, auch in Hinblick auf die Bewerbung der Kurstadt für den Weltkulturerbe-Titel.

Erst hieß es: 65.000 bis 70.000 Euro Spendengelder werden gebraucht

Die OB hatte von Anfang an klar gemacht: Dieses Projekt müsse weitestgehend mit Spendengeldern realisiert werden. Das Thema Kuppelvergoldung nahm im Bauausschuss Fahrt auf. Heinrich Liesen fragte bei Baubürgermeister nach, was bedeute denn weitestgehend? Darauf antwortete Uhlig: „So zwischen 65.000 und 70.000 Euro müssten es schon sein.“ Interessanterweise wurde der Betrag mit der Zeit immer höher: Mittlerweile ist von 85.000 benötigten Euro die Rede. Liesen ließ sich nicht von seinem Plan abbringen: Viele Bürgerinnen und Bürger spendeten. Eingebracht wurden kleinere Summen, aber auch fünfstellige Beträge. Viele Baden-Badener können sich für die Idee begeistern. Auch wenn das Timing der Aktion mitten hineinfällt in die Corona-Krise.

Harsche Kritik

Es entspann sich eine moralische Debatte unter Stadtrat-Kollegen. Warum jetzt ein goldenes Dach, wo durch Corona doch ganz andere Sorgen herrschen? Heinrich Liesen: „Natürlich kann man das eine oder andere verstehen, aber man muss natürlich auch bereit sein, mal darüber nachzudenken, dass diese Initiative ja schon viel früher begann“, erklärte Liesen im goodnews4-Video-Interview. Tatsächlich war die Spendenaktion bereits im Februar angelaufen – vor der Corona-Krise. Liesen: „Am 13. Februar hat Herr Uhlig den Bauausschuss eingeladen, um ihm die Stourdza-Kapelle zu zeigen. In diesem Rahmen hat er dann erklärt, dass die Kuppel mal vergoldet war und dass das wiederhergestellt werden sollte, aber die OB verlange, dass ein Großteil der Mittel über Spenden eingebracht werden. Zu dem Zeitpunkt sprach noch keiner von Coronavirus und Pandemie, das Thema war überhaupt nicht auf der Tagesordnung. Es wurden damals noch Gelder für Dinge ausgegeben, wo man vergleichsweise den Kopf schüttelte, die überhaupt keine Bedeutung für Baden-Baden hatten, aber noch größere finanzielle Belastungen darstellten.“

Sorgfältig abgewogen

Man habe sich, als die Pandemie da war, schon überlegt: Sollen wir jetzt die Spendenaktion beenden? Liesen: „Da, muss ich sagen, kamen Spender zu uns und sagten: ,Nein, auf keinen Fall. Das hat überhaupt nichts damit zu tun. Wenn wir hier keine Spenden mehr zusammentragen, dann wird sich nichts an der Problematik ändern, die wir mit der Pandemie haben. Die Probleme können wir nicht lösen. Das muss auf anderen Ebenen gemacht werden.’ Deshalb war ich sehr überrascht, dass man sich im Gemeinderat dagegen ausgesprochen hat, dass man die Dinge so vermischt hat. Wir haben hier ja ein großes kulturelles Erbe im Prinzip, was wir auch erhalten müssen für diese Stadt. Deshalb habe ich persönlich wenig Verständnis dafür, wie die Reaktionen von vielen einzelnen ist.“

Werte sollten das politische Handeln der Stadt leiten

In einem Brief an BM Uhlig hatte sich Liesen bereits im März geäußert: „Die Situation bietet die Chance, dass Werte wiedergewonnen werden, die für die individuelle Persönlichkeit und eine zukunftsfähige Gesellschaft unverzichtbar sind.
Dazu etwas Persönliches: Ich bin in Kevelaer/Nordrhein-Westfalen, Deutschlands größtem Wallfahrtsort, geboren und aufgewachsen. Dort habe ich vielfach, historisch und aktuell, erlebt, dass in persönlichen oder generellen Krisenzeiten wie Seuchen/Kriege die Hinwendung zur Religion für den Menschen von besonderer Bedeutung war. Dies zeigte sich auch in einer besonderen Spendenbereitschaft, die in Kevelaer auch heute noch zu bewundern ist. Diese spontane Bereitschaft bestand auch hier bereits vor der aktuellen Corona-Krise und scheint mir ungebrochen auch jetzt noch zu bestehen, obwohl ein wirtschaftlicher Einbruch zu erwarten ist. Ich hoffe, dass in dieser schwierigen Zeit Werte das politische Handeln in dieser Stadt, die dies verdient hat, stärker leiten. Die Vergoldung der Kuppel der Stourzda-Kapelle ist als ein solches Zeichen zu betrachten.“

Die Spendensumme wächst stetig

Am 1. April waren bereits 43.000 Euro zusammen. Doch in den vergangen Tagen müssten laut Heinrich Liesen noch weitere vier- und fünfstellige Spenden auf das Konto der Stadt eingegangen sein. Am 14. April fragte Heinrich Liesen bei der Stadtverwaltung abermals nach, wie hoch der Kontostand nun sei. Es seien, inklusive 10.000 Euro Arbeitsleistung, rund 59.000 Euro, hieß es. Liesen: „Mich haben viele Spender persönlich kontaktiert, deshalb bin ich etwa im Bilde, wie viel wir mittlerweile eingesammelt haben. Bis heute haben wir weitere Zusagen bekommen, die uns die Hoffnung machen, dass wir den Gesamtbetrag von 85.000 zusammenbekommen.“

Für die Differenz zu den benötigten 85.000 Euro gebürgt

Und selbst, wenn nicht: Bei der außerordentlichen Gemeinderatssitzung am 1. April im Kongresshaus hatte Martin Ernst, Fraktionschef der FBB der Oberbürgermeisterin versprochen: „Wir bürgen dafür, dass die Summe für die Vergoldung der Kuppel zusammenkommt.“ Ein entsprechendes Schreiben ging am 9. April an die Stadtverwaltung. Mitunterzeichner sind die Fraktionskollegen der FDP, die bislang allerdings eher einen kleinen Teil der Spenden eingesammelt haben.

Die Ausschreibung für die Vergoldung der Kuppel nimmt Fahrt auf

FOKUS Baden-Baden liegen Informationen vor, nach denen die Ausschreibung zur Vergoldung des Daches in den nächsten Tagen veröffentlicht werden soll. Bis Mitte Mai 2020 rechne man mit Angeboten. Heinrich Liesen: „Wir werden das stemmen. Und die Baden-Badener werden stolz darauf sein, was sie mit ihrer Spendenbereitschaft leisten können.“

Fotos: Ben Becher