Kein Platz für Flüchtlingshelfer

19Februar
2018

In Zukunft organisiert sich die Stadt die Flüchtlingsarbeit allein mit ihren eigenen Sozialarbeitern in den einzelnen Unterkünften.

Die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer werden aus dem Informationskreis „Netzwerk Arbeit“ entfernt. Das „Netzwerk Arbeit“ war eine Gründung der Flüchtlingshelfer, nicht der Stadt Baden-Baden.

Nach eigenen Angaben haben die privaten und ehrenamtlichen Helfer innerhalb dieses „Netzwerk Arbeit“ rund 200 Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse für Flüchtlinge in Baden-Baden organisiert. Dazu hat das Netzwerk Sprachkurse vermittelt und Hilfen koordiniert; Ehrenamtliche (also engagierte Bürger) und staatliche Bedienstete wurden zusammengebracht. Die Ehrenamtlichen erwiesen sich als recht erfolgreich, und das Netzwerk aus städtischen Sozialarbeitern, Arbeitsamtbediensteten und freiwilligen Flüchtlingshelfern war jene Stelle, wo städtische Hilfen und privates Engagement koordiniert wurden. Gründerin des Netzwerkes war Susanne Poerings, Förderinnen waren bekannte Großspender in der Stadt. Leiter des Arbeitskreises „Netzwerk Arbeit“ wurde dann einige Zeit später Stephan Langreder; seine Stelle mit der Bezeichnung „Integrationsmanager“ finanzierte zwei Jahre lang der Baden-Badener Unternehmer Karl Kögel aus eigener Tasche.

Der Vertrag des Integrationsmanagers lief nach zwei Jahren jetzt im Februar aus. Der Vertrag wurde von der Stadt nicht verlängert. Dem Vernehmen nach hat die Stadt das nicht gewollt, und die Stadt hat sich auch nicht um die vom Bund bereitgestellten Mittel für einen derartigen Integrationsmanager bemüht, die eine Verlängerung grundsätzlich ermöglicht hätten. Vorgabe der städtischen Verwaltung: der Aktionskreis „Netzwerk Arbeit“ soll in Zukunft ausschließlich mit städtischen hauptamtlichen Mitarbeitern besetzt werden (nämlich mit den Sozialarbeitern in den Flüchtlingsunterkünften). Das heißt: die Mischung aus privaten ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern und offiziellen amtlichen Bediensteten, die sich in dem Wirrwarr der Flüchtlingsgesetze auskennen, wird beendet. Die „Fachleute“ sind dann unter sich, ohne die lästigen, manchmal auch schwer zu bändigen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer, die ihnen gelegentlich vorlaut in ihre Arbeit hereingeredet haben. Zum Beispiel dann, wenn die zuständige Sozialarbeiterin einer Flüchtlingsunterbringung ein ganzes Jahr lang (!) übersah, dass sich unter den ihr anvertrauten Flüchtlingen ein Jugendlicher, ein Minderjähriger befand, der eigentlich noch die Schule hätte besuchen müssen. Die Mitarbeit der Ehrenamtlichen ist in Zukunft jedenfalls dort, wo Weichen gestellt werden, Verabredungen getroffen werden und einzelne Flüchtlingsschicksale entschieden werden, unerwünscht. Warum? Keine klare Antwort.

In Sonntagsreden galt die Arbeit der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer stets als unersetzlich, wenn es um das Thema Integration der Flüchtlinge in den Alltag unseres Lebens in der Stadt ging. Nicht nur in Baden-Baden pries jeder Politiker die Arbeit der Ehrenamtlichen. Nun will man die Ehrenamtlichen aus einem Gremium raus halten, jedenfalls dann, wenn es um interne Entscheidungen und Abstimmungen der Flüchtlingsarbeit in Baden-Baden geht. Der Eindruck unter einigen Ehrenamtlichen: Die Sozialarbeiter wollen sich ganz offensichtlich nicht mehr in die Karten schauen lassen. Unter sich zu bleiben ist bequemer, die Ehrenamtlichen bringen nur unerwünschte Kontrolle und lästige Mehrarbeit. Flüchtlinge sind so einfacher und widerspruchsfreier zu verwalten, wenn der Amtsschimmel allein und frei entscheiden kann. Das Ergebnis: die Ehrenamtlichen bleiben frustriert zurück. Und manche von ihnen, so hört man, werden sich völlig zurück ziehen.

Foto: Ben Becher