Viel Lärm, viel Ehr?

15März
2022

Der Wahlsonntag in Baden-Baden hat gezeigt: Lautstärke und Geld scheinen in Wahlkämpfen immer wichtiger zu werden. Ein Kommentar von Cornelia Mangelsdorf.

Die Baden-Badener haben sich bei der Wahl des neuen Oberbürgermeisters nur sehr verhalten eingebracht: Nicht einmal 42 Prozent der wahlberechtigten Bürger gaben ihren Wahlschein ab. Der bisherige Spitzenreiter der Wahl ist für das vorläufige Ergebnis Dietmar Späth, aktuell Oberbürgermeister der Gemeinde Muggensturm im Landkreis Rastatt. Der 58-Jährige holte 39,2 Prozent der Stimmen, hängte seine Konkurrenten weit ab. Ob er tatsächlich neuer OB in Baden-Baden wird, muss sich aber erst noch zeigen: Am Sonntag, 27. März, finden Neuwahlen statt. Dann gewinnt, wer die meisten Stimmen bekommt.

Lautstärke als Erfolgsfaktor?

Der Wahlkampf von Dietmar Späth – war laut. Und wird es wohl auch bleiben. Er scheint omnipräsent: Auf Märkten, in der Fußgängerzone, an gefühlt jeder Ecke war er in den vergangenen Wochen anzutreffen, oft mit seinem Baden-Baden-Schal um den Hals und begleitet von seiner Frau und zahlreichen Helfern, die Stehtische mit grell-orange Tischdecken herrichteten.

Kräftige Finanzspritzen von einem bekannten Gastronom

Finanziell beim Wahlkampf unterstützt wird Späth von Löwenbräu-Wirt Mike Brandau. Dieser soll, so erzählen Insider, einen sechsstelligen Betrag für den Wahlkampf von Späth zur Verfügung gestellt haben. „Ich bin etwas schockiert, dass mit viel Plakatiererei und viel Remmidemmi in der Stadt doch viele Stimmen gewonnen werden können“, kommentierte Bettina Morlok, die sich ebenfalls für die OB-Wahl zur Verfügung stellt, den Aktionismus von Späth noch am Wahlabend. Die parteilose Unternehmerin hatte einen ruhigeren, seriösen Kurs gewählt. Sie bekam fünf Prozent der Stimmen.

„Keine Seilschaften, keine Verpflichtungen“

Zurück zu Späth und seinem großzügigen, doch umstrittenen Geldgeber – Brandaus Ruf ist nicht unbescholten. Ich frage mich: Welche Erwartungen hat ein Sponsor an einen vielleicht künftigen Bürgermeister? Erhofft er sich durch seine großzügige Hilfe jetzt nicht den ein oder anderen „Gefallen“? Oder, anders gefragt: Kann sich ein künftiger OB neutral halten, gegenüber seinem Sponsor, wenn er dann mal im Amt ist? „Keine Seilschaften, keine Verpflichtungen“, schreibt Dietmar Späth auf seiner Website, über sich. Dass muss er unter Beweis stellen, sollte er OB werden.

„Amerikanisierter Wahlkampf“

OB Mergen, die am Sonntag nur noch von einem knappen Viertel der Baden-Badener gewählt wurde, sprach gar von einem „amerikanisierten Wahlkampf“. Klar ist: Ihre Chancen, noch einmal das Amt der OB antreten zu dürfen, sind gering.

Foto: Ben Becher