Die Kurstadt zieht den Sparstrumpf an

03Juli
2020

Die Haushaltssperre in Baden-Baden wurde am vergangenen Montag einstimmig vom Gemeinderat beschlossen – soweit zur Einigung. In einem Punkt konnte sich OB Mergen jedoch nicht durchsetzen.

Der Plan der Oberbürgermeisterin sah vor, dass sie allein entscheidet, wofür in der Zeit der Haushaltssperre Geld ausgegeben wird. Dass sie dies im Sinn hatte, hatte sie schon vor Wochen vermeldet. Der Gemeinderat stimmte am Montag allerdings gegen diesen Allmachts-Gedanken, aber für eine Haushaltskommission, in der alle Fraktionen vertreten sind. Auch die FBB ist für diese Lösung. Die Grünen und die SPD hatten zuvor einen Antrag gestellt, nicht allein die Verwaltungsspitze über die Finanzen bestimmen zu lassen.

Freie Fahrt für Bauprojekte?

Kritik gibt es vor allem daran, dass die OB vor allem das Bauwesen fokussiert. Hier wolle die Stadt nicht sparen. Was hingegen bislang nicht beschlossen wurde, ist eine allgemeine Sparansage, die sich durch alle Bereiche der Verwaltung zieht – um beispielsweise in jedem Bereich einen gewissen Prozentsatz Euro weniger auszugeben.

Soziales wird vertagt

Was viele Familien treffen wird, ist, dass die Eltern-Entlastung für Kitabeiträge jetzt vermutlich wieder auf der Kippe steht. Auch bleibt offen, wie viel Geld für weitere soziale und kulturelle Themen ausgegeben werden kann. Verkehr und Klimaschutz sind weitere Aufgabenfelder, die nicht ewig Aufschub dulden.

Zig Millionen fehlen

Stadtkämmerer Thomas Eibl hatte bereits vorgewarnt: Die Verschuldung in der Stadt könne „ruckzuck von 20 auf 80 Millionen Euro hochschnellen.“ Steuer- und Gewerbeeinnahmen werden im Corona-Jahr deutlich geringer ausfallen als in den Jahren zuvor. Auch wenn der Bund etwa rund die Hälfte der fehlenden Gewerbeeinnahmen ausgleichen will: Es wird hinten und vorne an Einnahmen fehlen: Tourismus und Gastronomie laufen seit kurzem erst wieder an, der Einzelhandel und das kulturelle Leben haben es noch schwerer, wieder auf die Beine zu kommen. Und über allem schwebt die latente Sorge, eine zweite Corona-Welle könnte das Stadtleben wieder zum Erlahmen bringen.

Neue Entscheidungen Ende Juli

Am 20. Juli soll nun die Kommission, die die Ausgaben in Zeiten der Haushaltssperre prüfen soll, erstmals tagen. Klarheit fürs weitere Wirtschaften wird der Herbst bringen: Dann liegen Schätzungen vor, wie hoch die Stadteinnahmen sein werden und wie viel Geld der Bund als Ausgleich zukommen lassen wird. Dann – das ist mehr als wahrscheinlich – wird es zu einem zweiten Nachtragshaushalt geben.

Was die Verordnung besagt

Hier noch ein Auszug aus der Gemeindehaushaltsverordnung, die erklärt, wen oder was die Haushaltssperre betrifft: „Danach sind finanzielle Leistungen nur zulässig, zu denen die Stadt rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind; sie darf insbesondere begonnene Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen des Finanzhaushalts, für die im Haushaltsplan Beträge vorgesehen waren, fortsetzen. Stellenneu- und Stellenwiederbesetzungen sind nur zulässig, soweit diese zur Erbringung von Pflichtaufgaben unabweisbar sind. Ausnahmen für Maßnahmen mit besonderer Bedeutung dürfen durch die Verwaltung genehmigt werden. Die haushaltswirtschaftliche Sperre gilt, bis der zweite Nachtragshaushalt durch den Gemeinderat beschlossen ist.“

Foto: FBB-Archiv