Baden-Badener „Rettungsschirme“ für Europa

19Juni
2020

Am 35. Jahrestag der Unterzeichnung des Schengener Vertrags setzten rund 100 Baden-Badener ein Zeichen: Auf Einladung von „Pulse of Europe“ spannten sie am 14. Juni symbolisch ihre Regenschirme am Augustaplatz auf: als klares Zeichen für ein solidarisches Europa.

Initiatorin Evelin König musste die Europa-Anhänger nicht lang bitten: Sie schwenkten ihre aufgespannten Schirme für Europa. „Pulse of Europe“ erinnerte am Sonntag an einen Meilenstein Europas: das Schengener Abkommen. Auch entlang der deutsch-französischen Grenze fanden Veranstaltungen statt, etwa in Kehl, Straßburg und vielen weiteren Städten. In Landau, Nizza und Toulouse wurden Radtouren organisiert: „Rides for Europe“ für Freiheit, Frieden und die europäische Solidarität. „Wir brauchen ein Schengen 2.0“, forderte König. Die für Corona vollzogenen Grenzschließungen hätten die Beziehungen in vieler Hinsicht auf eine harte Probe gestellt. Die Verantwortlichen sollten, so König, auch in einer Krise die europäische Freizügigkeit gewähren.

Schengen brachte uns viel Freiheit

Die heutige Reisefreiheit, die wir in Europa so schätzen, geht in wesentlichen Teilen auf das „Schengener Übereinkommen vom 14. Juni 1985“ zurück. Ohne ihre Minister zu informieren, hatten damals Bundeskanzler Helmut Kohl und der französische Staatschef François Mitterand den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen beschlossen. Beteiligt waren ebenso die Regierungen der Benelux-Länder Belgien, Niederlande und Luxemburg. Das Schengener Abkommen war eine Wirtschaftsunion: Diese wurde an Bord des Schiffs Princesse Marie-Astrid bei Schengen in Luxemburg geschlossen.

Keine Grenzkontrollen mehr

Schengen ebnete einem Europa ohne Binnengrenzkontrollen den Weg. Immer mehr Staaten schlossen sich dem Bund der Schengen-Teilnehmer an und profitierten vom freien Waren- und Kapitalverkehr, von der Dienstleistungsfreiheit und von der Reiselust der Bevölkerung.

Bewährungsprobe Corona

Corona hat Europa vor viele Herausforderungen gestellt: Wie mit Nachbarn umgehen? Wie weit reicht der helfende Arm in der Not? Oliver Ehret von „Pulse“ erinnerte daran, was Europa ausmacht: Für 60 Prozent der Europäer ist der freie Verkehr von Personen, Gütern und Dienstleistern das Wichtigste. Innerhalb von zehn Jahren würden Kosten von 80 Milliarden Euro anfallen, wenn Grenzkontrollen wieder eingeführt würden. Erst seit dem 15. Juni sind die Grenzen, die wegen Corona geschlossen wurden, wieder auf.

Appell an die Solidarität

„Ich habe nicht die Kompetenz zu beurteilen, ob eine Grenzschließung bei einer Pandemie Sinn macht, aber ich meine: Mit Freunden spricht man“, betonte Ehret, seines Zeichens Professor für Rechtswissenschaften. „Die Elsässer sind unsere Freunde, und mit denen spricht man.“ Kein Land in Europa habe die Grenzen so oft und so lang geschlossen wie Deutschland, Schließungen wegen Terrorismus oder Flüchtlingen mit einbezogen. „Es ist nicht ganz sicher, ob Schengen das so gewollt hat. Wir dürfen unsere Grenzen nicht gleich dicht machen.“

In guten wie in schlechten Zeiten zusammenstehen

Es war ein kurzer, inniger Moment der Baden-Badener Europafreunde, die zum Schluss wieder gemeinsam der Europahymne lauschten oder mitsangen. Freunde bleiben, auch in schlechten Zeiten, über die Grenze hinweg: Diese Botschaft kam an.

Fotos: FBB-Archiv