Faule (Lobby-) Eier

09November
2017

Seitdem die „Schlossherrin“ Frau Fawzia Al Hassawi kürzlich im Gemeinderat eine Abfuhr mit ihren Hotelplänen für das Neue Schloss erlitt, eilt in ihrem Auftrag ein merkwürdiges „Friedensunternehmen“ durch Baden-Baden und verströmt angebliche Kompromissideen, nämlich diese:

Frau Al Hassawi verzichtet auf die Schlossparkbebauung und erhält dafür ein kostenloses (oder doch halbwegs geschenktes) Stück vom Vincentiushaus-Areal (nämlich jenen Teil, welcher der Stadt Baden-Baden gehört).

Bevor man sich überhaupt ernstlich mit einem solchen Vorschlag befasst, müsste man klären, was das Neue Schloss heute noch wert ist, als Immobilie. Es war einmal seinen ursprünglichen Kaufpreis wert, knapp 3 Millionen. Damals waren Park und Schloss in einem sehr guten Zustand. Aber seitdem ist viel Zeit vergangen. Investiert wurden hauptsächlich nur Beratungskosten (Architekten- und Rechtsanwaltkosten in zu vermutender mehrfacher Millionenhöhe). Dazu die jährlichen Erhaltungskosten von einigen Hunderttausend Euro. Diese Gelder sind verpufft und durch den Schornstein gejagd. Am Gebäude selbst wurde nur das Dach erneuert, und zwar auf Kosten der Steuerzahler! Denn der Löwenanteil dieser Kosten wurde aus dem staatlichen Denkmaltopf bezahlt, und den füllt bekanntlich Herr Jedermann als Steuerzahler und nicht die Schlossherrin. Fachleute schätzen den Wert der Immobilie heute auf einen einzigen seriösen Euro (1,- Euro), keinen Cent mehr. Das Neue Schloss ist heute eine Bauruine, umgeben von einem verwilderten Schlosspark, für den nur die Oberbürgermeisterin ganz allein 15 Millionen Euro zahlen wollte. Nein: das Neue Schloss samt der Idee, aus ihm ein Luxushotel zu machen, ist ein gescheitertes Projekt. Und ganz nebenbei: die Baugenehmigung hierzu ist auch erloschen. Das dürfte selbst der Eigentümerin inzwischen klar sein. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine neue Baugenehmigung erhält, tendiert gegen Null. Zu lange hat sie die Stadt Baden-Baden an der Nase herum geführt.

Das heißt nicht, dass dieses Neue Schloss nichts wert ist! Ganz im Gegenteil. Das Neue Schloss ist als Baudenkmal das wichtigste historische Gebäude in der Stadt Baden-Baden, nämlich das Denkmal seiner langen badischen Geschichte. Doch weil seine Fürsten es nicht mehr halten können, wird es nicht plötzlich wertlos (bezahlt hatten es ja eh die Badischen Einwohner). Badische Geschichte ist mehr als eine Fürstengeschichte, es ist eben auch die Geschichte des Landes Baden.

Doch dieses Wissen (das ist jedem klar) reicht nicht, um das Neue Schloss zu erhalten oder gar mit neuem Leben zu füllen. Was wir brauchen sind also Ideen, um dieses mit Geschichte hoch aufgeladene Gebäude mit einer neuen Funktion, einer neuen Nutzung, zu beleben. So wie man anderswo (z. B. in Stuttgart) eben auch die Schlösser der Innenstadt mit neuen Funktionen (Museum, Regierungsgebäude) zu neuem Leben erwecken konnte, ein Leben, das nichts mehr mit der feudalen Vergangenheit Württembergs zu tun hatte. So muss es auch in Baden-Baden gehen. Das Neue Schloss übersteigt möglicherweise mit seiner baulichen Dimension und Anlage die Nutzungsmöglichkeiten einer Stadt von rund 55.000 Einwohnern – das tut aber auch das Schlossensemble in Stuttgart. Die Schlösser in Stuttgart werden folglich auch nicht von der Stadt Stuttgart genutzt. Es sind bauliche Anlagen, wie sie nur ein Staat wie Baden-Württemberg nutzen und finanzieren kann. Egal welche Nutzung für das Neue Schloss in Baden-Baden gefunden werden kann: vermutlich ist nur eine staatliche Institution in der Lage, Schlossanlage und Nutzung zu finanzieren. Das bedeutet jedoch auch, dass das Land Baden-Württemberg hier in der Verantwortung steht. Baden ist eine Hälfte von Baden-Württemberg, und das Neue Schloss ist das namensgebende Schloss für das Land Baden.

Es gibt viele Vorschläge für die konkrete Nutzung des Neuen Schlosses, auch die Wählervereinigung Freie Bürger für Baden-Baden (FBB) hat einige Vorschläge gemacht. Man könnte hier z. B. eine angemessene Begegnungsstätte für die Französisch-Deutsche Zusammenarbeit einrichten. Ein kleines Museum dieser Begegnungen, die Friedensgeschichte zusammen mit all den Dingen, die zwischen Deutschland und Frankreich organisiert werden, angefangen mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk, oder dem Fernsehsender Arte usw. Da sind viele Dinge denkbar.

Die FBB hat nie behauptet, allein alle vernünftigen Ideen zu finden, die man im Neuen Schloss realisieren könnte. Vielmehr schlug die FBB immer einen „Runden Tisch“, einen Ideentisch vor, an dem diese und alle anderen denkbaren Ideen von allen Interessierten diskutiert werden könnten. Warum man diesen Vorschlag nicht aufgreift, bleibt ein Rätsel. Sie täte gewiss keinem weh.

Das Argument, man könne nicht ohne die Eigentümerin an solche Dinge rangehen, sticht unseres Erachtens nicht. Denn Eigentümerin ist formal eine Briefkastenfirma, von der niemand weiß, ob sie überhaupt noch existiert. Die Stadt Baden-Baden hat das niemals überprüft, obwohl sie mehrfach hierzu aufgefordert wurde.

Die Lobbyfirma, die in diesen Tagen durch Baden-Baden geistert und so komische Vorschläge macht, (sie heißt angeblich R3lation GmbH) diese Firma hat keine Lösung parat: was sie vorschlägt ist ein Spekulationsgeschäft für Frau Al Hassawi und zu Lasten Baden-Badens. Schlossparkbebauung gegen Vinzentius-Gelände? Von derartigen kurzbeinigen arabischen Fata – Morgana – Geschäften haben die Einwohner Baden-Badens allmählich die Nase voll.

Foto: Ben Becher