„Wir sind Unternehmer und denken permanent positiv“

26Mai
2020

Leicht ist es nicht, als Einzelhändler gerade die Moral hochzuhalten. Denn die Umsatzeinbrüche sind seit Corona gewaltig. Interview mit Jutta Greising vom „Wäscheboulevard“.

Frau Greising, Ihr Geschäft hat seit ein paar Wochen wieder geöffnet. Wie läuft's?

Jutta Greising: „Unser normales Geschäft im Bereich Tag- und Nachtwäsche für Damen und Herren läuft sehr schleppend an, im Gegensatz zu unserem Hilfsmittelverkauf, wie FFP2-Masken und Desinfektionsmittel.“

Sind die Einbußen, die Sie durch die vorübergehende Schließung hatten, wieder wettzumachen?

Jutta Greising: „Nein. Umsätze, die in der Vergangenheit schon nicht realisiert wurden, fehlen einfach und sind nicht mehr aufzuholen. Ab Februar 2020, als das Thema Corona auf den Tisch kam, war schon eine große Zurückhaltung der Kunden zu spüren. Seit dem 27. April 2020 ist im Kopf des Verbrauchers immer noch die Handbremse angezogen. Ich denke, jetzt geht vielleicht eher neue Mode, die man sehen und zeigen kann. Unterwäsche und Nachtwäsche gehören momentan bei den Verbrauchern wohl nicht zu den notwendigen Artikeln, leider. Dabei fängt Mode und Wohlfühlen auf der Haut an. Mit unseren Hilfsmitteln, wie FFP2-Masken und Desinfektionsgel, wollten wir etwas zum allgemeinem Wohl beitragen, aber auch unser Umsatzdefizit etwas kleiner halten und aufholen.“

Welche Hilfe kam von der Stadt?

Jutta Greising: „Keine Unterstützung. Wir haben vom Land Baden-Württemberg 9.000 Euro bekommen. Alle monatlichen Kosten wie Miete, Strom, Gas, Versicherungen undsoweiter sind nur gestundet. Dies ist nur ein Aufschub und wir müssen irgendwann ab September oder Oktober dann eineinhalb Mieten bezahlen. Wie soll das gehen?“

Was würden Sie sich von der Stadtverwaltung wünschen?

Jutta Greising: „Mehr Solidarität und Unterstützung für die Wirtschaft und den Handel in Baden-Baden. Wie heißt es so schön? Kauft regional und unterstützt den Handel vor Ort! Das wird überall groß geschrieben, nur im Rathaus nicht. Mein Mann hat schon Anfang März der OB Mergen, dem städtischen Klinikum, Hotels, Ärzten undsoweiter seine Masken durch seine guten Beziehungen zu Importeuren angeboten. Keine Resonanz. Bis heute haben wir keinen Auftrag von der Stadt bekommen. Die Stadt hat gekauft, laut Aussage von OB Mergen, 200.000 Masken einlagig für 170.000 Euro, also zu einem Stückpreis von 0,85 Euro. Mein Mann hat ihr einen Stückpreis von 0,55 Euro angeboten. Auch bei den FFP2-Masken war er günstiger, doch bis heute gab es keine Antwort.“

Wie geht der Alltag jetzt für Sie weiter – ordern Sie neue Ware für den Herbst oder sind Sie vorsichtig?

Jutta Greising: „Wir haben für den Herbst fast alle Ordertermine auf Eis gelegt. Standards bekommen wir zum Glück kurzfristig von unseren Fabrikanten. Mode haben wir sehr vorsichtig angefasst, weil uns unsere Fabrikanten in Deutschland, Schweiz und Italien versprochen haben, in Vorleistung zu gehen. Ein gewisses Vertrauenslimit haben wir unseren Stammfabrikanten gegeben. Wir sind Unternehmer und nicht ängstlich, wir denken permanent positiv und handeln auch so. Es darf keine zweite Pandemie kommen, diese wäre für einige Händler existenzbedrohend.“

Wie erleben Sie die Situation mit Kollegen in der Nachbarschaft: Ist man solidarisch?

Jutta Greising: „In der unmittelbaren Nachbarschaft ja.“

Sie verkaufen auch Masken – sind schon alle weg?

Jutta Greising: „Ja, ich verkaufe auch FFP2-Masken mit Zertifikat sowie Desinfektionsmittel. Krankenhäuser, Ärzte, Rechtsanwälte, Hotels von außerhalb haben schon gut geordert. Wir haben nochmal nachbestellt, die Nachfrage steigt bei uns.“

Foto: FBB-Archiv