Politische Entscheidungen haben immer ökonomische Konsequenzen
04Juli
2025
Martin Ernst, Fraktionsvorsitzender
Interview mit dem FBB-Fraktionsvorsitzenden Martin Ernst nach dem Bürgerentscheid zum Klinikum.
FBB-News: Die Baden-Badener Bürger haben entschieden: Das neue Klinikum soll „Am Münchfeldsee“ in Rastatt entstehen. Und nach dem Willen unseres Oberbürgermeisters und des federführenden Landrats soll es jetzt ganz schnell gehen, sogar ein Eröffnungstermin im Mai 2034 steht schon im Raum. Wie ist Ihre Reaktion heute, eine Woche nach dem Entscheid?
Martin Ernst: Ich bedaure das Ergebnis, akzeptiere es aber und respektiere natürlich auch den mehrheitlichen Bürgerwillen. Nach dem Wahlkampfgetöse wird es jetzt wieder Zeit, sich auf die wirtschaftlichen Konsequenzen zu konzentrieren. Baden-Baden ist zahlungsunfähig, wir retten uns gerade mit einem Kassenkredit über den Sommer. Wie wollen wir unseren Anteil an dem neuen Klinikum denn überhaupt bezahlen? Diese Frage ist bis heute ungeklärt!
FBB-News: Aber das Land hat doch signalisiert, dass es 60% der Investitionen tragen wird.
Martin Ernst: Das stimmt. Nach heutigem Stand soll das Klinikum rund 700 Mio. Euro kosten. 60% davon trägt das Land. Bleiben also 280 Mio. Euro von denen Baden-Baden für 40%, also über 110 Mio. Euro bürgen soll. Sollte das neue Klinikum wie erwartet Verluste machen, sind diese bisher zu 40% und später zu 29% von Baden-Baden zu tragen. Wie denn bitte schön? Schon der Berliner Volksmund wusste: Du kannst einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen.
Und es gibt noch ein anderes Risiko, über das niemand spricht - vor allem leider auch nicht unser Oberbürgermeister: Wenn der Neubau teurer wird, und das müssen wir ja nun leider mal unterstellen, bleiben Kreis und Stadt auf den Mehrkosten in voller Höhe sitzen. Die Förderung des Landes wird nämlich auf 60% der jetzt festgestelltem Bausumme begrenzt sein. Sollten die Baukosten 800 statt 700 Mio. Euro betragen, steigt die Bürgschaft Baden-Badens um weitere 40 Mio. Euro auf dann über 150 Mio. Euro an. Das sind angesichts unserer Haushaltslage völlig utopische Summen, die wir nicht garantieren können und die ein Gemeinderat auch nicht genehmigen sollte.
FBB-News: Was ist Ihrer Ansicht nach zu tun?
Martin Ernst: Wenn man sich etwas nicht leisten kann, muss man pragmatisch nach anderen Lösungen suchen. Eine Möglichkeit ist seit langem bekannt, wurde bislang aber nie ernsthaft geprüft: ein neues Klinikum unter privater Trägerschaft, nicht zu verwechseln mit einer „Privatklinik“! Es gibt überall in Deutschland hunderte von „ganz normalen“ Krankenhäusern, die nicht von Städten oder Kreisen, sondern von professionellen privaten Gesundheitsunternehmen geplant, finanziert und wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden. Das jahrelange Missmanagement von Kreis und Stadt im Klinikum Mittelbaden, das unsere Stadt allein dieses Jahr 11 Mio. Euro kostet, sollte doch ein echtes Argument sein, Angebote von privaten Krankenhausbetreibern einzuholen, bevor man sich auf die finanzielle Geisterfahrt auf dem Beifahrersitz vom Landkreis Rastatt begibt. Noch ist Zeit dafür!
Martin Ernst
Fraktionsvorsitzender
FBB-Freie Bürger für Baden-Baden e.V.
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Foto: FBB-Archiv
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