In Baden-Baden werden die falschen Wohnungen gebaut

26Juni
2017

In Baden-Baden werden viel zu viele 5-Zimmerwohnungen gebaut, zu viele Luxuswohnungen. Stattdessen fehlen schlichte Neubauten von 1- bis 3-Zimmerwohnungen.

Und was die Planungen angeht: es wird ein katastrophales Überangebot an Luxuswohnungen geben.

Die Freien Bürger für Baden-Baden (FBB) kritisieren es seit Jahren: die Stadt plant hauptsächlich Wohnungen und Wohngebiete für Superreiche: im Bäderviertel (dort wo das Ludwig-Wilhelm-Stift aufgelöst wird), hinterm Finanzamt auf dem Vincentius-Gelände: Hunderte von Luxuswohnungen und auf dem ehemaligen SWR-Gelände das Gleiche: Luxuswohnungen für Leute, die viel Geld anlegen müssen. Nichts gegen vermögende Bürger, aber der Bedarf in Baden-Baden geht in eine völlig andere Richtung: Wir brauchen dringend kleine Wohnungen für Singles, die fehlen nämlich; vor allem 1- bis 3-Zimmerwohnungen für Menschen, die eben nicht Millionen anlegen können, sondern die Wohnungen mieten müssen und zwar zu Mietpreisen, die sie auch bezahlen können. Dieser Mangel wurde immer wieder von der FBB zum Thema gemacht, vor allem bei neuen Baugebieten mitten in der Stadt, die dann reichen Geldanlegern vorbehalten bleiben.

Jetzt hat das Institut der Deutschen Wirtschaft diesen Trend untersucht. Und zwar für ganz Deutschland, aber auch im Detail für Baden-Baden. Grundsätzlich meint das Kölner Institut, das der Wirtschaft nahe steht, dass in Deutschland am falschen Ort (in ländlichen Gemeinden und vor allem im Osten) zu üppig gebaut wird, während in den Ballungsräumen der richtige Wohnraum fehlt und leider eben auch nicht gebaut wird: In einer Gesellschaft, die zunehmend aus Rentnern und Singlehaushalten besteht, braucht man viel mehr kleine Wohnungen und für Alleinerziehende und mittlere Einkommen 3- bis 4 Zimmerwohnungen, die bezahlbar sind.

Auch für Baden-Baden hat das Institut der Deutschen Wirtschaft die Misere präzise aufgelistet. Während man bei uns 29 (!) Zweizimmerwohnungen braucht und dringend sucht, werden nur 9 solcher Wohnungen gebaut. Die 44 Sucher nach 3-Zimmerwohnungen finden auf dem Baden-Badener Wohnungsmarkt nur 15 solcher Wohnungen im Bau. Bei 4-Zimmerwohnungen fehlen 5 im Bau. Und im Gegensatz dazu sind 64 5-Zimmerwohnungen momentan in Baden-Baden im Bau; gebraucht und nachgefragt werden davon gerade mal die Hälfte: 35.

Dieser asoziale Trend wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken.Denn in den neuen Baugebieten werden rund 400 Luxuswohnungen demnächst in den Bau gehen.

Asozial ist daran das Folgende: für diese Luxuswohnungen (die eventuell noch nicht mal in dieser Masse verkäuflich sein werden) wird Bauland verbraucht, und zwar in bester Lage. Dieses Bauland fehlt der Stadt für Wohnungen, die sie Normalverdienern anbieten könnte – wenn beispielsweise am Tannenhof und SWR Hunderte Wohnungen entstehen und das Gleiche noch mal hinterm Finanzamt, dann ist dieser zentrumsnahe Baugrund verbraucht – jedenfalls steht er nicht mehr für Menschen zur Verfügung, die in dieser Stadt mit Normalverdienst arbeiten und ihre Kinder groß ziehen müssen. Diese Menschen (wie auch Alleinerziehende mit Kindern) müssen wegziehen. An den Rand oder gleich ganz weg aus Baden-Baden.

Es ist an der Zeit, diesen falschen Bautrend zu beenden und die Baupolitik der Stadt grundlegend neu zu planen. Noch geht das am SWR und vielleicht auch noch hinter dem Finanzamt. Man muss nur wollen. Und man sollte dabei berücksichtigen, wie man in der Schweiz solche Gebiete plant: sehr verdichtet, sozusagen wie kleine geschlossene Dörfchen. Nicht Haus mit Garten drumrum neben Haus mit Garten drumrum, sondern verdichtete Gebiete nach dem Muster von alten Dörfern, wo es einen kleinen Garten hinterm Haus geben kann aber ansonsten sich die Häuser aneinander lehnen und die Blechlawine in einer Tiefgarage verschwindet. Das geht. Das sollte man in Architektenwettbewerben entwerfen lassen und dann mutig angehen. Und es hat auch einen optischen Nebeneffekt: es schaut nicht so belämmert neureich aus, wie das, was die IDEAL-Wohnbau uns so beschert.

Foto: Ben Becher