Der Goldene Löwe verdient einen Baden-Badener Pächter

19September
2023

Das Traditionslokal in Lichtental wird aktuell von der Stadt renoviert. Für die Pacht interessiert sich Wolfgang Scheidtweiler, der bereits die Franz-Brauerei in Rastatt besitzt. Diese kam gerade in die Negativ-Schlagzeilen. Auch als Pächter des Alten Schlosses hat sich der Unternehmer aus Pforzheim nicht den besten Ruf gemacht. Da stellt sich die Frage: Warum sucht man für den einst so beliebten Löwen keinen ortsansässigen Restaurantbetreiber? Ein Kommentar von Cornelia Mangelsdorf.

21.09.2023 In diesem Bericht hat sich ein Fehler eingeschlichen. Die GSE ist nur für die Wohnungen des Gebäudes zuständig. Die Gaststätte und somit die Verpachtung steht unter der Regie des Gebäudemanagements. Wir bedanken uns bei dem freundlichen Hinweisgeber und bitten den Fehler zu entschuldigen.

Der Goldene Löwe in Lichtental war eine Institution, nicht nur wegen der gutbürgerlichen Küche. Hier saß man gern bei Wurstsalat, Schnitzel oder Bratkartoffeln beisammen. Im großen Saal mit separatem Eingang konnten die Vereine ausgelassen Fastnacht feiern. Über die Stadt konnte er für Veranstaltungen angemietet werden, etwa für Blues-Konzerte.

Renoviert wurde lange nicht

Die frühere Pächterin des Goldenen Löwen hat am Aschermittwoch 2022 aus Altersgründen aufgehört. 36 Jahre lang war der Löwe ein beliebter Treffpunkt und seine Wirtin, Christa Franz, in ganz Lichtental sehr angesehen. Sie hatte mehrfach bei der Stadt, die Besitzerin der Immobilie ist, gravierende Missstände und Mängel angemahnt, leider jedoch vergeblich.

Erst jetzt nimmt die Stadt Geld in die Hand

Den Gefallen, beizeiten zu renovieren, hätte man auch Frau Franz tun können. Nun will man mit einem Pächter einen Vertrag abschließen, der von der Stadt als Vorleistung gigantische Investitionen fordert. Der Pächter wird nach Vertragsunterschrift mit der Stadt einen ihm genehmen Unterpächter suchen und von diesem Unterpächter eine wesentlich höhere Pacht fordern, als wenn dieser direkt bei der Stadt mieten würde. Er wird – ein schönes Geschäft machen. Aber ist das auch das Beste für den Löwen und seine künftigen Gäste?

Warum ein Pächter, der nicht weiß, wie der Löwe tickt?

Warum sucht die GSE, die Gesellschaft für Stadterneuerung und Stadtentwicklung Baden-Baden mbH, als Tochtergesellschaft der Stadt nicht auf eigene Faust einen Mieter? Das hat sie schon mehrfach erfolgreich praktiziert, bei anderen stadteigenen Restaurants wie dem Bütthof, dem Scherrhof oder dem Fremersbergturm-Lokal. Warum muss ein Unternehmer aus Pforzheim, ohne großen Bezug zu Lichtental, an den Immobilien der Stadt kräftig mitkassieren?

Die GSE könnte weitersuchen

Ich habe mit einer mir bekannten Gastronomin gesprochen. Für sie ist es nicht nachvollziehbar, dass die Stadt den Weg über die Scheidtweiler-Gruppe gehen möchte. Denn dann wird es für den Restaurantbetreiber teurer, als wenn die GSE direkt vermieten würde.

Mit der Unterpacht kommen höhere Kosten und mehr Pflichten

Scheidtweiler pachtet Restaurants, führt sie aber nicht, weil das nicht sein Beritt ist. Deshalb sucht er sich dafür Unterpächter. Damit macht er finanziell einen guten Schnitt, zumal die Unterpächter sich auch noch verpflichten müssen, sein Bier abzunehmen, ebenso, so erzählte es mir eine Gatronomin, das Bad Liebenzeller Mineralwasser, das auch zur Scheidtweiler-Gruppe gehört, sowie Softdrinks wie Cola oder Fanta.

Ungemach im Alten Schloss

Auch das Alte Schloss in Baden-Baden hat er zur Restaurantnutzung gepachtet, von der Schlösserverwaltung des Landes Baden-Württemberg. Und suchte sich zunächst eine fähige Unterpächterin, die allerdings längst wieder raus ist. Als es im Frühjahr dort oben Ärger gab wegen des Mülls, der sich auf dem Parkplatz und an Bänken ansammelte, wollte Scheidtweiler damit nichts zu tun haben. Nach unseren Recherchen soll die Scheidtweiler-Gruppe allerdings Geld vom Land Baden-Württemberg erhalten haben, um die Außenflächen sauber zu halten.

Muss sich das Chaos wiederholen?

Man kann einen Investor immer nur an seinen bisherigen Taten messen. Bei der Müll-Affäre am Alten Schloss schob der Pächter die Schuld dem Unterpächter zu, der Unterpächter dem Pächter und das Land hatte keinen direkten Kontakt zum Unterpächter. Letztendlich führte dies zum Chaos. Ich frage mich: Muss sich das wiederholen?

Warum nicht ein neues Gesicht als Gastronom?

Ist die Scheidtweiler-Gruppe wirklich der richtige Pächter für den altehrwürdigen Goldenen Löwen? Könnte ein junger, engagierter Gastronom aus der Region hier nicht mit neuem Schwung einen guten Anfang machen und das Lokal direkt von der GSE mieten, ohne dass ein Pächter zwischengeschaltet wird?

Schaben in der Brauerei – Prost!

Vielen mag es auch nicht schmecken, dass im Falle einer Pacht durch die Scheidtweiler-Gruppe dort Bier der Brauerei Franz ausgeschenkt wird. Diese kaufte der Unternehmer Scheidtweiler aus Pforzheim vor knapp zehn Jahren – und war jetzt im August damit in den Negativ-Schlagzeilen. In der Franz-Brauerei hat das Veterinäramt Rastatt Schaben gesichtet, ebenfalls eine Maus oder Ratte. Das Brauhaus steht nun auf der Ekelliste des Rastatter Landratsamtes. Warum die Stadt Baden-Baden ausgerechnet die Nähe zu Herrn Scheidtweiler sucht, ist mir unerklärlich.

Einer mit Herzblut für den Löwen

Ein Pächter für den Löwen muss nach Lichtental passen. Einen Bezug zu diesem schönen Ortsteil und seinen Bürgern haben. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass die Scheidtweiler-Gruppe auf solche Details achtet. Vielmehr ist zu erwarten, dass die Gruppe denjenigen Unterpächter einsetzen wird, bei dem sie für die Biernutzung den höchsten Profit erzielen kann. Die GSE sollte hier gegensteuern und zum Wohle der künftigen Gäste einen Pächter suchen, der Verantwortung übernimmt, das Lokal mit Herzblut führt – und gutes Bier anbietet.

Foto: Tommy Schindler