WAS WILL DIE FBB 2017 IN BADEN-BADEN ERREICHEN?

20Dezember
2016

* Nachhaltigkeit bei der Haushaltsplanung
* Angemessenen Wohnraum auch für Bedürftige in Baden-Baden
* Bezahlbare Kultur für alle und
* Dazu: Kampfansage an die Rechtsradikalen in Baden-Baden Das sind die Kernaussagen, die Martin Ernst, Geschäftsführer der Wählergemeinschaft Freie Bürger für Baden-Baden (FBB) für die Arbeit der FBB im kommenden Jahr machte. Wir führten ein Interview mit dem Stadtrat Martin Ernst, Geschäftsführer der Wählergemeinschaft Freie Bürger für Baden-Baden

Frage: Auf Anhieb hat die FBB bei der letzten Gemeinderatswahl um die 10% aller Stimmen in Baden-Baden errungen. Nun sitzt die FBB mit 4 Gemeinderäten im Gemeinderat.

Wie sind Ihre Erfahrungen?

Martin Ernst: 10 % Stimmenanteil nach 8 Wochen Wahlkampf sind auf Anhieb sicherlich ein respektables Ergebnis, bei Abstimmungen im Gemeinderat können Sie damit allerdings fast nichts erreichen. Wir können nur wachrütteln und auf Fehlentwicklungen in der Baupolitik hinweisen, wenn die Stadt zum soundsovielten Mal gegen ihre eigene Agenda beim Schutz der Halbhöhenlage verstößt.

Frage: Die FBB ist ja eine Wählervereinigung von freien Bürgern, was bedeutet, dass sie einerseits nicht auf der überörtlichen Ebene, also im Land und im Bund tätig wird, sondern sich auf Baden-Baden beschränkt. Und sie ist prinzipiell offen für alle Richtungen.

Frage: für was steht die FBB in Baden-Baden?

Martin Ernst:

1. Transparenz der städtischen Verwaltung

2. Abbau des Schuldenbergs von aktuell 120 Mio. Euro.

3. Eine Stadt, die sich um ihre Bürger und nicht um Spekulanten sorgt.

4. Kultur für alle und nicht nur Kultur für Eliten.

Frage: Das sind große Ziele, die sich nicht über Nacht erreichen lassen.

Martin Ernst: Das ist richtig, dafür sind wir allerdings angetreten, dafür stehen wir auch heute und dafür werden wir auch morgen noch kämpfen.

Frage: Also schauen wir uns das ein bisschen im Detail an.

Zunächst Finanzen: Die FBB kämpft gegen die hohe Verschuldung, für eine sparsame, vernünftige Verwaltung. Wie wollen Sie das erreichen?

Martin Ernst: Jeder Familienvater weiß, dass er am Monatsende 1 Euro mehr eingenommen haben muss, als er ausgibt. In den zwei Jahren seit wir im Gemeinderat sitzen, wurde die Gewerbesteuer angehoben, ein Abwasserbeitrag eingeführt, und so wird es immer weitergehen. Die öffentliche Hand macht es sich einfach: Der Apparat wächst, die zusätzlichen Kosten deckt man über Steuer- und Gebührenerhöhungen auf. Wer die Zeche letztendlich bezahlt, sind unsere Kinder und Kindeskinder. Ich stehe dafür, dass unsere Generation mehr kann als nur Schulden machen.

Frage: Fast symbolischen Wert hat der Kampf um das Neue Schloss für die FBB. Aber es geht nicht nur um dieses historisch wichtige Schloss über der Altstadt von Baden-Baden: die FBB will eben auch überall in der Stadt Baudenkmale schützen und erhalten.

Sie sollen nicht Opfer der Bauspekulation werden.

Martin Ernst:

Die Beliebtheit unserer Stadt basiert insbesondere auf die einzigartige Bausubstanz, die zwischen den Jahren 1880 und 1925 entstanden ist. Dazu gehört natürlich auch das Bäderviertel, weswegen wir sogar in der Prüfung zur Aufnahme in das Weltkulturerbe sind. Gerade schon deswegen sind der Erhalt und die Pflege dieser Bausubstanz enorm wichtig. Ich sehe mittlerweile Ansätze dafür, dass sich der neue Baubürgermeister Alexander Uhlig auch gerade für den Erhalt dieser Bausubstanz einsetzt.

Frage:

Wir haben wenig Platz für Neubauten in der Stadt: die FBB will, dass mehr für jene Bevölkerungskreise gebaut wird, die sich keinen überteuerten Wohnraum leisten können.

Martin Ernst:

Die Stadt Baden-Baden kann auch anders. Ein Paradebeispiel dafür ist die Siedlung im Ooswinkel. Dort wurde bezahlbarer Wohnraum für Normalverdiener geschaffen. Diese Architektur ist heute noch wertvoll. Diese Siedlung sollte sich die Stadtverwaltung als Beispiel dafür nehmen, wie man solche Familien auch in der heutigen Zeit mitnehmen und unterstützen kann.

Notwendig dafür ist allerdings eine gänzlich andere Politik bei der Umwandlung in Bauland. Die Stadt ist nur dann in der Lage diese Bevölkerungsschichten zu unterstützen, wenn sie die Preise in einem Baugebiet festlegt. Die Stadt unterstützt aber auch hier nach wie vor ausschließlich die Eigentümer von Bauland und Investoren. Das ist falsch.

Frage:

Baden-Baden ist eine Stadt, die ein phantastisches Kulturangebot für Bürger und Gäste bietet. In letzter Zeit ist der Eindruck entstanden, Sie seien gegen das Festspielhaus, weil sie gegen den Kredit stimmten, der zum Ankauf des Festspielhauses gedacht ist.

Martin Ernst:

Ich war einer der ersten Mitglieder des Freundeskreises und bin dies seit Anfang des Bestehens des Festspielhauses mit einer ordentlichen Summe jedes Jahr. Wie könnte ich als Mitglied des Freundeskreises gegen das Festspielhaus sein?

Das Festspielhaus war beim Bau das viertgrößte Opernhaus auf der Welt. Es gibt Städte wie Hamburg, München, Paris, London oder Stockholm, Singapur und Shanghai.

Kultur ist Landessache. So werden auch sämtliche Opernhäuser des Landes Baden-Württemberg wie Karlsruhe, Mannheim oder Stuttgart mit jährlich 190 Mio. Euro unterstützt. Da es sich um 10 Opernhäuser handelt, zahlt das Land pro Jahr im Schnitt 19 Mio. Euro pro Opernhaus. Wenn sich Städte wie Ulm und Stuttgart nicht in der Lage sehen ein Opernhaus zu finanzieren, so muss ich sagen, dass sich eine verhältnismäßig kleine Stadt wie Baden-Baden das nicht leisten kann.

Wenn wir jetzt das Signal geben, dass wir das Festspielhaus alleine finanzieren können und deswegen einen Kredit aufnehmen, und wir dafür eine Summe von erheblich über 300.000 € bezahlen, wenn wir diesen Kredit in 4 Jahren nicht abnehmen, so ist das aus meiner Sicht kaufmännisch fahrlässig.

Übrigens, durch diesen Gemeinderat abgesegnete Finanzierung des Festspielhauses einer damaligen Festspielhaus GmbH, die immerhin ein Stammkapital von 25.000 DM hatte und nach 14 Tagen pleite war, wird heute wiederholt. Aber kaufmännisches Denken und kaufmännische Weitsicht gehörten nicht unbedingt zu den Stärken unseres Gemeinderats. Baden-Baden allein ist mit dem Erhalt und der Finanzierung der Immobilie eines Opernhauses vollkommen überfordert. Ich setze mich allein dafür ein, dass das Festspielhaus einen Zuschuss des Landes erhält und nicht der normale Baden-Badener Bürger die Kultur der Elite finanziert.

Frage

Noch einmal: was sind die wichtigsten Ziele, welche die FBB für das kommende Jahr ins Auge fasst?

Martin Ernst:

  1. Augenmaß bei Finanzen und Schulden
  2. Mehr bezahlbaren Wohnraum für alle Einkommensschichten.
  3. Kampf gegen die Rechtsradikalen, die sich auch in Baden-Baden breit machen wollen.

Foto: Ben Becher