Politik von unten nach oben praktizieren

01September
2020

Nominierungsveranstaltung der Freien Wähler für die Landtagswahl 2021 in Stuttgart: Gewählt wurde Tommy Schindler, in der Kommunalpolitik bekannt als Stadtrat der FBB.

Der Abend im Saal des Goldenen Löwen in Lichtental war hochkarätig besetzt: Martin Ernst, Geschäftsführer und Fraktionsvorsitzende der FBB, begrüßte die Gäste auf dem Podium und die Anwesenden im Saal. Auf der Bühne: das „politische Schwergewicht“ Hubert Aiwanger, Klaus Wirthwein, den Landesvorsitzenden der Freien Wähler in Baden-Württemberg und Bernd Barutta, Pressesprecher.

Schulterschluss freier Politikgestalter

„Man hat mir angetragen, zu begrüßen. Aber eigentlich sind wir zu Gast hier“, sagte Martin Ernst zu Anfang. „Die FW nominieren einen Kandidaten. Warum stehen wir hier?“ Martin Ernst gab einen Rückblick, wie der Kontakt mit den FW im Frühjahr zustande kam. Anfang des Jahres sei er kontaktiert worden vom Landesverband der FW. „Mit denen könnte man geschirren“, hatte Martin Ernst gespürt. Das sah auch die Fraktion der FBB so und das Gros der Mitglieder.

Die großpolitische Lage verändern

Martin Ernst stellte fest: „Für mich war die letzte Kommunalwahl entscheidend. Damals waren wir überzeugt, dass wir stärker abschneiden würden. Doch ich habe eines feststellen müssen: dass unsere Graswurzelarbeit nicht honoriert wird, wenn die großpolitische Lage in eine andere Wetterlage kommt.“ Damit meinte er den Aufschwung der Grünen, der vom Erfolg der Umwelt-Aktivistin Greta Thunberg und der Bewegung „Fridays for Future“ profitierte.

70 Landkreise, 7 Prozent

Das Ziel der FW ist: in den Landtag einzuziehen – und das gern mit Unterstützung anderer freier Wählergruppen. Die FW wollen 70 Wahlkreise besetzen, um 7 Prozent der Stimmen zu holen.
„Uns verbindet, dass wir den Bürgern zuhören, wir sind nicht ideologisch“, resümierte Martin Ernst.

Eine junge, intensive Beziehung

Dann ergriff Klaus Wirthwein das Wort: „Die Freien Wähler zeichnen sich aus durch liberalkonservatives Denken und Handeln. Die meisten von uns haben einen Schul- und Berufsabschluss. Das ist nicht bei allen Politikern so. Ich bin erst seit ein paar Jahren aktiv, doch bei den Freien Wählern habe ich meine politische Familie gefunden. Mit der FBB ist es eine Beziehung, die noch jung ist, aber intensiv. Wir haben hier ein politisches Umfeld, wie wir es nur wünschen.“

Die flammende Aiwanger-Rede

Hubert Aiwanger, der stellvertretende Ministerpräsident von Bayern sowie Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie im Kabinett Söder hatte die Zuhörer sofort am Wickel: „Mich freut es unwahrscheinlich, den Abend mit Ihnen gemeinsam zu begehen. Hier kommen viele freie Geister heute zusammen, um ein gemeinsame Zeit zu schmieden.“ Aiwanger möchte auch im Landtag Baden-Württemberg „mehr gesunden Menschenverstand einfließen lassen“ und eine Politik einbringen, die von pragmatischen Lösungsansätzen geprägt ist und frei ist von Ideologien.

Von unten nach oben, nicht umgekehrt

„Wir bringen das mit. Wir haben diese DNA festgeschrieben. Wir wurden in der Nachkriegszeit gegründet, um Probleme regional zu lösen. Wir sind von unten gekommen von den Bürgern, was sich daran ablesen lässt, dass wir in den ländlichen Regionen stärker sind als in Städten. Wir sind über die Personen gekommen, man wählt den Mann oder die Frau, weil man diese Leute persönlich kennt. Denen man was zutraut. Diesen politischen Schatz müssen wir jetzt heben. Wir können es uns nicht mehr leisten, nur auf Kommunalebene zu bleiben. 2008 sind wir in Bayern in den Landtag eingezogen. Wir haben viel politischen Input gebracht. Wir haben das neunjährige Gymnasium wieder eingeführt, in Bayern Studiengebühren abgeschafft und noch mehr, wir können mitgestalten.“

Die Gesellschaft zusammenhalten

Aiwanger sieht im Land die Gefahr einer politischen Spaltung. Und wenn man auf die aktuellen Corona-Demonstrationen in Berlin blickt, mit Ausschreitungen bis vor die Tür des Reichtstages, dann spürt man: Diese Gefahr ist reell.

„Wir haben die Flüchtlingskrise so einigermaßen überwunden – jetzt ist es das Thema Corona, was die Spaltung der Bürger schafft. Wir müssen hier pragmatisch schauen, brauchen intelligente Konzepte, um die Bevölkerung zu schützen und die Wirtschaft gleichzeitig nicht wieder runterzufahren. Viele mittelständische Betriebe sind an den Rand ihrer Existenz gebracht worden. Wir wollen mitgestalten, müssen unsere Berufsgruppen hören und regional steuern, damit das Thema Corona uns politisch nicht um die Ohren fliegt.“

Höchste Zeit, Verantwortung zu übernehmen

Für den Bayer steht fest: „Wir müssen unsere Gesellschaft erneuern auf Basis von Verantwortungsübernahme.“ Und er versicherte: „Der FW übernimmt Verantwortung nicht, um in der Zeitung zu stehen. Wir sind sehr kritisch zu uns selbst. Aber es ist jetzt wirklich die Zeit, dass wir dabei sind, wo die Musik spielt, wo über den ländlichen Raum, den Straßenbau, die Gesundheitspolitik und vieles mehr entschieden wird.“

Nominierung von Tommy Schindler

Wirthwein leitete über zur Wahl. Bernd Barutta wurde als Wahlleiter gewählt, dann hielt Tommy Schindler, einziger Kandidat, seine Bewerbungsrede. „Ich steh als Faschingspräsident auf der Bühne, Reden fällt mir also leicht. Ich bin in Lichtental der Lokalmatador.“ Dann gab er einen kurzen Überblick über seine Vita. Mittlere Reife, Gärtnerlehre. Bundeswehr. Dann wurde er Polizeibeamter, erst in Karlsruhe, dann in Baden-Baden, zuletzt bei der Kripo in der Fahndung. Dann ging er in den Ruhestand. 2019 wurde er in den Gemeinderat gewählt. Warum jetzt freie Wähler? „Ich war bei der Nominierungsveranstaltung in Mannheim dabei. Und was ich dort hörte, gefiel mir. Die Freien Wähler machen Politik von unten nach oben und nicht umgekehrt.“

Im Anschluss wurde Tommy Schindler gewählt. Er wird sich für die Landtagswahl in Baden-Württemberg als Kandidat der FW zur Verfügung stellen. Mehr über ihn und seine Ziele lesen Sie im Interview!

Als Ersatzkandidatin wurde Nicole Bächler gewählt, sie ist seit 2019 als Ortschaftsrätin der FBB in Haueneberstein aktiv.

Foto: FBB-Archiv