„Ich habe einen Traum: Ein Schlosspark für alle“

27November
2020

Träumen darf man ja wohl noch! Wie wäre es, wenn wir, als Familie, Liebespaar, Großeltern mit Enkeln oder mit Freunden durch den Park des Neuen Schlosses spazieren dürften? Traumhaft, meint Cornelia Mangelsdorf.

Den Park des Schlosses Charlottenburg in Berlin kenne ich gut: Dort habe ich meinen Sohn einst im Kinderwagen spazieren gefahren. Oder der Schlosspark meiner Heimatstadt Weinheim: In einer Winternacht, bei Kerzenschein und Saxophonklängen, habe ich einst am kleinen See geheiratet. Dem Pfarrer sei Dank, es war bitterkalt!

Schöne Orte berühren die Seele

Mit Schlossparks verbinde ich die schönsten Erinnerungen: Familienausflug in den Schlosspark zu Schwetzingen mit anschließendem Spargelessen. Besuch in Kronberg bei Freunden, Spazieren durch den Park des Schlosshotels. Die Luxus-Herberge wird vom Haus Hessen geführt, ein Teil des Parks mit italienischem Rosengarten und romantischer Grotte mit Wasserfall ist öffentlich zugänglich. Vorbildlich!

Und dann wären da noch schönste Erinnerungen an Spaziergänge im Park von Schloss Sanssouci in Potsdam, den die Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg mit Hingabe und viel Geschmack hegt und pflegt.

Schlossparks für alle Bürger

Allen „meinen“ Lieblingsschlössern ist eins gemein: Ihr Park ist den Menschen zugänglich. Kein Tor schreckt sie ab. Sie sind gepflegt und machen den Menschen Freude. Bürger und Besucher sind herzlich willkommen. Und das ist auch gut so: Denn schöne Architektur und Gartenkunst bewegt die Menschen, sie tut ihnen gut!

Ein Juwel verkommt – und die Stadt schaut zu

Und deshalb schmerzt es mich umso mehr, dass mein jetziger Liebling – das Neue Schloss in Baden-Baden – fast einer Ruine gleicht. Im Innenhof schießt das Unkraut hoch, der Park, der eine stattliche Sammlung edler Baumsorten birgt, verkommt. Großes Gemetzel um seine Zukunft – Luxushotel oder nicht? Noch bedrohlicher die Idee, im Garten womöglich Luxus-Apartments zu bauen. Das würde den Schlosspark für alle Zeiten vernichten. Und die Thermalquellen, die am Florentinerberg entspringen, wohl in größte Gefahr bringen. Eine Kurstadt, in der Quellen versiegen? Das darf nicht sein!

Wo ist der Ehrgeiz der Stadt?

Park, Schloss, Quellen: All das muss geschützt werden, auch für die nachfolgenden Generationen. Das Anwesen Neues Schloss muss bewahrt werden vor blindem Investoren-Wahn. Damit hier ein Schlosspark für alle entstehen kann. Das geht woanders doch auch!

Nur die Kurstadt eiert rum. Mir fehlt hier der Ehrgeiz der Stadtverwaltung, die Geschicke des Neuen Schlosses aus Bürgersicht zu sehen und die Visionen! Immer redet man von Geld und Luxushotel. Davon haben wir doch schon reichlich in der Stadt! Doch wer denkt daran, was die Bürger wollen? Die gehen – Corona zeigt’s – immer mehr spazieren.

Die Menschen wollen raus in die Natur

Das Obstgut Leisberg erfreut sich großer Beliebtheit, täglich promenieren viele Bürger hier durch. Und demnächst wird es ein Arboretum für alle in Baden-Baden geben – wieder ein toller Ort mit alten Bäumen. Die Öffnung dieser Gebiete zahlt darauf ein, was die Menschen wollen und was ihnen guttut: raus in die Natur! Sie wollen ihre Stadt genießen und auch mal von oben sehen. Die Aussicht vom Neuen Schloss ist geradezu filmreif.

Neubau im Schlosspark? Oh Graus!

Auf der Webseite des Vereins „Stadtbild Baden-Baden“ kann man eine Foto-Montage sehen: Sie zeigt, wie der Schlosspark aussähe, wenn dort ein Neubau-Klotz gebaut würde. Zu Luxuspreisen, versteht sich und für Menschen, die vermutlich gar nicht regelmäßig dort wohnen würden. Das sieht einfach nur schrecklich aus und würde den Park für alle Zeiten vernichten.

Nachhaltig handeln: jetzt!

Bitte, liebe Leute der Verwaltung und alle Entscheider im Stadtrat: Macht es möglich, dass Großväter mit ihren Enkeln dort eines Tages spazieren gehen dürfen. Liebespaare ihre ersten Küsse tauschen. Menschen flanieren und über die Schönheit Baden-Badens sinnieren. Ihr habt es in der Hand!

Fotos: Wolfgang Niedermeyer/Ben Becher