Teuer, teurer – und (noch) kein Ende in Sicht

05Oktober
2021

Die Inflationsrate in Deutschland wird im September 2021 voraussichtlich plus 4,1 Prozent betragen. Dies hat das Statistische Bundesamt Ende vergangener Woche bekanntgegeben. Was als abstrakte Zahl erscheint, wird schnell verständlich, wenn man dieser Tage Brot kauft. Eine Beobachtung von Cornelia Mangelsdorf.

Neulich beim Bäcker: „Ein Kapuzinerbrot, wie immer“, bestellte ich bei der netten Verkäuferin. Ich zählte das Geld ab und legte drei Euro zwanzig bereit. Doch sie tippte einen anderen Betrag ein: drei Euro neunzig. Ich dachte zuerst an ein Versehen. Dann fragte ich nach: „Habt ihr aufgeschlagen?“ „Ja, das Brot ist teurer geworden.“

Über 20 Prozent mehr für einen kleinen Laib Brot

70 Cent mehr, für ein bisschen Brot. Als ich vor gut 20 Jahren nach Baden-Baden kam, gab es diese Brotsorte auch schon. Sie kostete damals zwei Euro zehn, ein paar Jahre später dann zwei Euro fünfzig, dann zwei Euro sechzig. Und nun also fast vier Euro. Ich frage mich, wie Menschen, die jeden Cent abzählen müssen, mit einer Preiserhöhung von über 20 Prozent zurechtkommen. Wer oder was rechtfertigt dies? Mir ist der Appetit zumindest erst mal vergangen.

Energie, Rohstoffe, Kraftstoff: Die Liste der Teuerungen ist lang

Doch nicht nur Lebensmittel sind teurer geworden: Wer heute eine Heizung einbauen will, zahlt rund zehn Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Und ich möchte gar nicht wissen, was die Stadtwerke demnächst als Nachzahlung für den Stromverbrauch haben wollen. Auch Rohstoffe wie Holz und Stahl haben sich drastisch verteuert; und natürlich Kraftstoff.

Fünf Prozent Inflation bis Ende 2021 möglich

Erstmals seit 28 Jahren ist die Inflationsrate über die Marke von vier Prozent gesprungen. Das ist viel. Um bis zu 4,8 Prozent gingen die Verbraucherpreise im September gegenüber dem Vorjahresmonat nach oben – je nach Bundesland. In Baden-Württemberg blieb die Teuerung zunächst noch unter der Vier-Prozent-Marke. Doch laut dem Münchner Ifo-Institut könnten noch höhere Inflationsraten auf die Verbraucher zukommen, dort hält man eine Inflationsrate von bis zu fünf Prozent bis zum Jahresende für möglich.

Einige herbeizitierte Gründe

„Die hohen Inflationsraten seit Juli 2021 haben eine Reihe von Gründen, darunter Basiseffekte durch niedrige Preise im Jahr 2020. Hier wirken sich insbesondere die temporäre Senkung der Mehrwertsteuersätze und der Preisverfall der Mineralölprodukte erhöhend auf die Gesamtteuerung aus“, erklärt das Statistische Bundesamt. Aha! „Hinzu kommen neben den üblichen Marktentwicklungen die Einführung der CO2-Bepreisung seit Januar 2021 sowie krisenbedingte Effekte, wie die deutlichen Preisanstiege auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen, die sich vorerst nur teilweise und abgeschwächt im Verbraucherpreisindex und in der Inflationsrate niederschlagen.“

An der Schmerzgrenze – oder schon darüber hinaus?

Nun, Gründe hin und her – diejenigen unter uns, die mit einem kleinen Gehalt auskommen müssen, mit einem anständigen Gehalt viele Menschen versorgen oder eine bescheidene Rente bekommen, sie bekommen diese starken Preiserhöhungen deutlich zu spüren. Es bleibt zu hoffen, dass Deutschland kein Land wird, in dem mehr und mehr Menschen zu Hause in ihren Wohnungen frieren müssen, weil das Heizen kostspielig wird.

Und das täglich Brot?

Es hat längst Feinkostpreise erlangt, die man übrigens bei unseren Nachbarländern so nicht kennt. Doch auch dort ist die Inflation spürbar: USA verzeichnet eine Rate von fünf Prozent, Großbritannien hat knapp vier Prozent Inflation, andere Euro-Mitgliedsstaaten ächzen ebenso unter heftigen Inflationsraten. Der Hauptgrund sind Lieferengpässe. Dann hoffen wir mal, dass es wahr wird und im kommenden Jahr sich die Lage wieder normalisiert. So ganz will ich es nicht glauben. Die EZB-Präsidentin Christine Lagarde unterstrich zumindest, man solle wegen vorübergehender Störfaktoren wie die durch Lieferengpässe ausgelösten hohen Preise „nicht überreagieren". Leichter gesagt als getan!

Foto: unsplash.com/Jonathan Borba