Nehmt unser Geld!

01Februar
2022

Das hat’s noch nicht gegeben: Um wirtschaftlicher Ungerechtigkeit entgegenzuwirken und die stetig wachsende Kluft zwischen Arm und Reich zu verkleinern, plädieren jetzt Gruppen von Millionären dafür, stärker besteuert zu werden.

Gleich mehrere humanitäre Verbünde von Reichen gibt es, die mehr Geld an den Staat loswerden wollen. Sie tragen vielversprechende Namen wie „Patriotic Millionaires“, „Millionaires for Humanity“ oder „Tax Me Now“. Zu ihnen zählen Mitglieder wie Marlene Engelhorn: Sie ist noch keine 30 Jahre alt, zukünftige Besitzerin eines zweistelligen Millionenbetrags aus dem Engelhorn-BASF-Vermögen und wird von Forbes „das Rich Kid, das die Klappe aufreißt“ genannt. Sie ist Teil einer Gruppe vieler andere Schwerreiche aus überwiegend europäischen und arabischen Ländern sowie den USA und Kanada, die verlangen, stärker besteuert zu werden.

Billionen Dollar mehr zur Verfügung

Selbst durch eine geringe Besteuerung von zwei Prozent für Millionäre und fünf Prozent für Milliardäre pro Jahr könnten jährlich über zwei Billionen Dollar mehr Geld zur Verfügung stehen – fast das 15-Fache von Jeff Bezos’ Vermögen und mehr als die Hälfte des deutschen Bruttoinlandsproduktes. Das ist eine Menge Geld, das Menschen zu Hilfe kommen könnte, die es nötiger haben – und von denen gibt es mehr als genug.

Deutsche Armutswerte auf Höchststand

Während die Reichen in Deutschland ihr Vermögen während der Pandemie fast verdoppelt haben, leben seit 2020 160 Millionen mehr Menschen in Armut. Jeff Bezos, Bill Gates, Elon Musk und der Rest der Top 10 der Superreichen haben ihre Milliardenvermögen zwischen März 2020 und November 2021 annährend verzweifacht. Die Armutsquote in Deutschland liegt gleichzeitig auf einem Rekordstand: Mehr als 13 Millionen Deutsche leben in Armut. All dies geht aus einer Untersuchung der Organisation Oxfam hervor, die ebenfalls mehr Reichensteuern fordert, allein schon, um der Pandemie weiter Einhalt zu gebieten: In ärmeren Regionen der Welt liegen die Impfquoten zum Teil unter 10 Prozent!

Viel hilft viel

Dass Vermögen nicht unbedingt gleichmäßig verteilt ist, ist kein Geheimnis. Die obersten zehn Prozent der Menschen besitzen 84 Prozent des Vermögens und die Hälfte ist in der Hand der reichsten ein bis zwei Prozent. Das bedeutet: Die reichsten ein bis zwei Prozent der Bevölkerung besitzen so viel wie der gesamte Rest der Welt. Dass dieser Umstand der ausreichenden gesundheitlichen Versorgung aller Menschen stark im Wege steht, haben bei der Veranstaltung des Weltwirtschaftsforums „Davos Agenda“ die „Patriotic Millionaries“ formuliert und einen Brief unterschrieben, in dem sie höhere Besteuerung ihrer Vermögensklasse fordern.

So viel spenden die Deutschen

Solange die Superreichensteuer noch keine Realität ist, gilt: Gemeinsam sind wir stark. Laut Deutschem Spendenrat haben die Deutschen 2020 rund 5,4 Milliarden Euro gespendet, davon 75 Prozent für humanitäre Zwecke. Auch in unserer Kurstadt gibt es Spendenfreudige: Die Restaurierung der Goldkuppel der Stourdza-Kapelle oder auch der wissenschaftlich relevante Exotenwald Arboretum, der in diesem Frühjahr allen zugänglich gemacht werden wird, wurden durch Spenden in fünfstelliger Höhe möglich gemacht.

Hinweis in eigener Sache: Liebe Leserinnen und Leser, wir verwenden in unseren Beiträgen die männlichen Begriffsformen, schreiben etwa „Millionäre“ statt „Millionärinnen und Millionäre“. Das tun wir für den Lesefluss. Wenn wir Millionäre schreiben, dann sind damit auch ausdrücklich Millionärinnen gemeint. Wir schließen explizit niemanden durch die klassische Begriffswahl aus.

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