Arme Kinder: Eine wachsende Sorge

03Februar
2023

Die Zahlen erschüttern: Fast jedes fünfte Kind und etwa jeder fünfte junge Erwachsene in Baden-Württemberg sind armutsgefährdet. Damit verläuft der Start ins Leben für die Betroffenen fast immer steinig.

Ins Kino gehen. Ein Musikinstrument lernen. Oder der Klassenkameradin ein schönes Geschenk zum Geburtstag machen: Für viele Kinder in Baden-Württemberg sind diese Freuden unerreichbar. Denn in diesem wohlhabenden Bundesland sind nahezu jedes fünfte Kind und etwa jeder fünfte junge Erwachsene armutsgefährdet. Zu diesem Ergebnis kam eine gerade eine Studie der Bertelsmann-Stiftung.

Über eine halbe Million arme Kinder und junge Erwachsene

Die Zahlen erschrecken: 334.800 Kinder – das sind fast 18 Prozent – und 183.205 junge Erwachsene – über 21 Prozent – waren der Studie zufolge 2021 in Baden-Württemberg von Armut bedroht. In Bundesländern wie Bremen ist die Quote noch viel höher: Dort gibt es über 41 Prozent armutsgefährdete Kinder.

Frust, von Anfang an

Klar ist: Wer mit knappen Mittel aufwächst, hat einen schlechteren Start ins Leben. Denn Kinder, die nicht im Sportverein dabei sind, nicht mit der Clique den neuen Avatar-Film im Kino anschauen können, erleben fast immer Isolierung. Und aus dieser kommen sie aus eigener Kraft nicht so einfach heraus.

Schlechter Schulstart

Besonders oft trifft es Kinder von Alleinerziehenden oder aus Familien mit drei und mehr Kindern. Auch Schulen sind dann machtlos: Die meisten Lehranstalten sind nicht mit einem Budget ausgestattet, um leistungsschwächere Kinder aufzufangen. Die Kinder armer Familien, darauf weisen Experten hin, haben oft einen schlechten Schulstart. Und wenn dann Nachhilfe nötig wird, können arme Familie nicht helfen – weil es finanziell klemmt.

„Ein Teufelskreis“

Heiner Heizmann von der Liga der freien Wohlfahrtsverbände Baden-Württemberg bringt es auf den Punkt: „Armutsgefährdung vererbt sich. Daraus entsteht ein Teufelskreis.“ Denn der Mangel an Förderung, weil das Geld zu Hause knapp ist, setzt sich auf dem weiteren Schul- und Bildungsweg fort.

Rückzug als Reaktion

Keine Frage, dass die es Kinder spüren, benachteiligt zu sein. Wer beim Schulausflug oder bei der Klassenfahrt nicht dabei sein kann, erlebt schnell Ausgrenzung. Wie sollen diese Kinder also ihren Platz in der Gesellschaft finden? Oft reagieren die betroffenen Kinder mit Rückzug. Sie fühlen sich nicht willkommen in einer Welt, die nichts für sie übrig hat.

Kindergrundsicherung als Hoffnung

Deshalb fordern Experten die Einführung der vom Bund angekündigten Kindergrundsicherung. Ein Grundbetrag für alle Kinder ab der Geburt könne helfen, ihren Start ins Leben zu verbessern.

Schulen sollten stärker mithelfen

Auch an den Schulen müsse sich etwas tun – woher dafür das Geld kommen soll, muss aber noch geklärt werden: mehr Unterstützung für Kinder aus armen Familien, etwa durch hochwertige Hausaufgabenbetreuung könnte ein Weg sein. Damit die Zweiklassengesellschaft in der Schule möglichst bald ein Ende hat.

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